Jena (UKJ/vdG). Die Behandlung von Patienten vom Säugling bis zum Greis, mit gut- und bösartigen Erkrankungen vom Hirn bis zur Ferse, in Zusammenarbeit mit fast allen anderen medizinischen Fachrichtungen und im Team mit Naturwissenschaftlern, medizinisch-technischen Assistenten und Pflegespezialisten – Andrea Wittig fallen sofort viele Gründe ein, warum sie sich für die Strahlentherapie entschieden hat. Die 46-jährige Medizinerin ist seit Juli Professorin für Strahlentherapie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und Direktorin der Klink für Strahlentherapie und Radioonkologie des Universitätsklinikums Jena (UKJ). Die Behandlung mit ionisierender Strahlung ist eine der Säulen in der Krebstherapie, entsprechend ist ein Großteil der Patienten der Klinik wegen Tumoren oder Metastasen in Behandlung. Aber auch gutartige entzündliche Erkrankungen, wie zum Beispiel ein Fersensporn, werden bestrahlt.
„Die Präzision und die Spezifität der Therapie werden ständig weiterentwickelt, mit dem Ziel einer effektiven Behandlung der Zielstrukturen und der bestmöglichen Schonung der umliegenden Gewebe und Organe“, so Prof. Andrea Wittig. Die Strahlenmedizinerin und die Wissenschaftler in ihrer Klinik beteiligen sich sowohl mit strahlenbiologischen Fragestellungen als auch mit methodisch-technischen Projekten an dieser Entwicklung. Als Beispiel nennt Andrea Wittig Karzinome im Rachenraum: „Deren Tumorbiologie unterscheidet sich je nachdem, ob sie durch Gifte wie Tabak und Alkohol oder durch eine Virusinfektion verursacht werden. Das führt zu einem unterschiedlichen Ansprechen der Radiochemotherapie, die entsprechend individuell angepasst werden sollte.“
Die Wissenschaftler arbeiten auch an Algorithmen, die in unmittelbarer Kombination mit bildgebenden Verfahren die Anpassung der Strahlung in Intensität und Bestrahlungsgebiet ermöglichen. So können zum Beispiel Atembewegungen berücksichtigt werden oder die schon erreichte Verkleinerung des Tumors durch Strahlentherapie in deren Verlauf (sog. adaptive Strahlentherapie). „In der klinischen Forschung entwickeln und überprüfen wir Hochpräzisionstechniken und beteiligen wir uns u.a. an Studien, die die Kombination von Bestrahlungszyklen mit den in den vergangenen Jahren entwickelten Immuntherapien testen“, so Professor Wittig.
Andrea Wittig studierte Humanmedizin an der Universität Essen, wo sie auch promoviert wurde und sich zu einer speziellen Form der Partikelstrahlentherapie habilitierte. Nach der Anerkennung als Fachärztin für Strahlentherapie in Deutschland und in den Niederlanden arbeitet sie als Oberärztin am Universitätsklinikum Essen und wechselte danach an die Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie in Marburg/Gießen, wo sie zur Professorin für Radioonkologie an der Philipps-Universität in Marburg berufen wurde und zuletzt die Standortleitung in Gießen innehatte.
In ihrer bisherigen Karriere ist es Prof. Wittig immer gelungen, Grundlagenforschung und Klinik zu verbinden und dabei in internationalen Forschungsverbünden zu arbeiten. Noch während des Studiums arbeitete sie in einem eigenen wissenschaftlichen Projekt für ein Semester in den USA am Brookhaven National Laboratory, später war sie im Rahmen von Forschungsprojekten u.a. der Europäischen Union tätig.
Das Ankommen am Jenaer Klinikum wird schnell gehen, ist sich Prof. Wittig sicher, ist die Strahlentherapie doch ein zentraler Partner im Universitätstumorzentrum und die Zusammenarbeit mit den anderen Kliniken sehr eng, auch wenn die Strahlenklinik noch in der Bachstraße beheimatet ist. Sie wird in den Neubauabschnitt in Lobeda einziehen, der am Ort der ehemaligen Klinik für Innere Medizin errichtet werden wird. Andrea Wittig: „Die Klinik für den Umzug neu zu strukturieren und die Räumlichkeiten und die technische Ausstattung in Lobeda mitzugestalten, ist eine große aber sehr reizvolle Aufgabe.“
Ebenso reizvoll ist es für die neue Professorin, ihr Fach den Studierenden nahezubringen. „Die Strahlentherapie ist im Studium unterrepräsentiert, sichtbar wird sie eigentlich erst im Praktischen Jahr.“ Deshalb freut sich Prof. Wittig, dass ihre Klinik als eine der ersten das PJplus-Programm des Uniklinikums etabliert hat und die Studierenden im letzten Studienjahr in einer gut strukturierten Ausbildung die Vielfalt der Strahlentherapie kennenlernen können.