09.03.2005
Wenn der Körper sich selbst zum Feind wird
Neuberufener Leiter des Instituts für Immunologie am UK Jena erforscht Autoimmunerkrankungen
Es ist unser körpereigener Schutzschild - das Immunsystem. Doch statt den eigenen Körper zu schützen, kehrt sich das Abwehrsystem in bestimmten Situationen gegen ihn und macht uns dadurch krank. Die Folge sind Autoimmunerkrankungen wie Multiple Sklerose, Typ-1-Diabetes und rheumatische Erkrankungen.
"Dabei handelt es sich um fehlgesteuerte Angriffe des körpereigenen Abwehrsystems, die sich nicht gegen äußere Eindringlinge wie Bakterien oder Viren, sondern gegen unseren Körper selbst richten," erklärt Prof. Thomas Kamradt, der neue Leiter des Instituts für Immunologie am Universitätsklinikum Jena. Die Untersuchung der Mechanismen, die bei diesen Angriffen gegen sich selbst ablaufen, ist Schwerpunkt der wissenschaftlichen Arbeit des Immunabwehr-Experten aus Berlin, der bereits im Dezember 2004 dem Ruf auf den Lehrstuhl für Immunologie nach Thüringen folgte und die Institutsleitung übernahm.
Forscht zu Autoimmunerkrankungen: Prof. Thomas Kamradt, neuer Direktor des Instituts für Immunologie am Uniklinikum Jena.
Foto: H.-G. Schröder/UKJ
Die Fehlsteuerung der Immunabwehr hat oft fatale Folgen: Autoimmunerkrankungen können jedes Organ betreffen und führen oft zu schweren, mitunter sogar lebensbedrohlichen gesundheitlichen Schäden. Die Ursachen für dieses schädliche Verhalten der Immunabwehr sind bisher nicht bekannt, fast nie ist die Erkrankung heilbar. Meist ist es lediglich möglich, das gesamte Immunsystem medikamentös zu "bremsen", und so die Krankheitssymptome zu lindern. Eine Therapie, die den Körper allerdings umso anfälliger für Infektionen macht.
"Wir versuchen in unseren Forschungen unter anderem diesen Zusammenhang von Infektion und Autoimmunität aufzuklären und die Frage zu beantworten: Warum täuscht sich unser Immunsystem?" erläutert Prof. Kamradt, der zu dieser Thematik nach dem Medizinstudium in Köln, Wien und Berlin promovierte und 2001 in Berlin auch habilitierte. "Und wir interessieren uns für die Mechanismen, die dazu führen, dass die T-Lymphozyten, die eine ganz zentrale Stellung im körpereigenen Abwehrsystem einnehmen, fehlgesteuert werden, so dass sie den eigenen Körper plötzlich attackieren. Wir suchen daher nach Wegen, diese Zellen so zu reprogrammieren, dass sie ihre Schutzfunktion wieder erfüllen und haben an unserem Institut zwei Moleküle - T1/ST2 sowie TIM3 - identifiziert, die dazu beitragen könnten", so Kamradt.
Vor der Berufung nach Jena war der Internist Kamradt nach Stationen an der Medizinischen Universitätsklinik in Bonn, am Massachusetts Institute of Technology in Cambridge (USA) und als Assistant Professor of Medicine an der Tufts-University in Boston am Deutschen Rheumaforschungszentrum Berlin und an der Klinik für Rheumatologie der Charité tätig.
Für den Wechsel ins Thüringische waren auch die guten Arbeitsbedingungen in Jena ausschlaggebend: "Die sehr komplexen Probleme auf unserem Gebiet sind nur in enger interdisziplinärer Kooperation zu bearbeiten. Und dafür", so Prof. Kamradt, "gibt es an der Friedrich-Schiller-Universität Jena ausgezeichnete Möglichkeiten." Zufrieden ist der Immunologe auch mit der technischen Ausstattung seines Instituts im neugebauten "Theoretikum". "Sowohl auf molekularbiologischem Gebiet als auch in den Bereichen Zytometrie und Zellsortierung stehen uns hier hochmoderne Laboratorien und leistungsfähige Analysegeräte zur Verfügung."
Ansprechpartner:
Prof. Dr. med. Thomas Kamradt
Direktor des Instituts für Immunologie, Universitätsklinikum Jena
Tel:03641/ 9 38780E-Mail: