Jena (vdG/UKJ). Der jährlich am 13. September stattfindende Welt-Sepsis-Tag rückt die Sepsis in den Mittelpunkt, um die lebensbedrohliche Erkrankung bekannter zu machen und auf den Forschungsbedarf für eine sichere Erkennung und erfolgreichere Behandlung hinzuweisen. Als Sepsis wird die schwerste Verlaufsform einer Infektion bezeichnet, wenn die Abwehrreaktion dagegen auch körpereigenes Gewebe angreift und zu Organversagen führt. „Wir gehen davon aus, dass 2022 in Deutschland mindestens 65.000 Menschen an einer Sepsis gestorben sind. Diese Zahl ist etwa doppelt so hoch wie die Zahl der Todesfälle wegen Herzinfarkt und Hirninfarkt zusammen“, so der Generalsekretär der Deutschen Sepsisgesellschaft, Prof. Dr. Frank Brunkhorst.
Sepsis ist unterdokumentiert
Ergebnisse einer Studie am Universitätsklinikum Jena legen nahe, dass die Zahl noch weitaus höher sein könnte und auch in Kliniken noch Bedarf für eine bessere Wahrnehmung der Sepsis besteht. Das Versorgungsforschungsprojekt untersuchte, wie gut die Sepsis und Risikofaktoren für eine Sepsis in den Abrechnungsdaten von Krankenhäusern abgebildet werden. Dazu sichteten Ärztinnen und Ärzte aus der Intensivmedizin mehr als 10.000 Patientenakten in zehn Kliniken, um auf Basis aller verfügbaren Informationen Fälle mit Sepsis zu identifizieren. „Dabei stellten wir fest, dass nur 50% der so gefundenen Sepsisfälle in der Akte auch mit dem Begriff „Sepsis“ dokumentiert waren, und sogar nur in jedem dritten Fall ein korrekter Diagnosecode für die Sepsis in den Routinedaten auftauchte“, fasst Projektleiter Dr. Daniel Schwarzkopf das Ergebnis zusammen, das jetzt auch im Fachjournal Infection veröffentlicht wurde. Das Studienteam stellte zudem große Unterschiede der Kodierung zwischen den Kliniken fest.
Qualitätssicherung ermöglichen
Die Kodierung verschlüsselt medizinische Diagnosen und Therapiemaßnahmen für die Abrechnung der Krankenhausleistungen. Diese Routinedaten sind die wichtigste Informationsquelle, um die Häufigkeit und Sterblichkeit der Sepsis in Deutschland zu ermitteln, und um die Versorgungsqualität der Krankenhäuser bewerten zu können. Genau das ist das Ziel des Deutschen Qualitätsbündnisses Sepsis, das am Universitätsklinikum Jena koordiniert wird und an dem über 60 Krankenhäuser deutschlandweit teilnehmen. „Für eine bessere Datengrundlage bei Qualitätssicherung in der Sepsisversorgung ist es von zentraler Bedeutung, dass bei der Dokumentation und Kodierung die aktuellen klinischen Definitionen und internationalen Diagnose-Klassifikationen berücksichtigt werden“, betont Dr. Ulf Dennler vom Universitätsklinikum Würzburg. Er ist Erstautor eines Kodierleitfadens, in dem das Qualitätsbündnis und die Deutsche Sepsisgesellschaft eine Handreichung für die Kodierung und Dokumentation von Sepsis und von Organversagen geben. Der Kodierleitfaden enthält zusätzlich Querverweise zur Qualitätssicherung. „Bislang ist die Kodierung der Sepsis nicht ausreichend, um die Daten für epidemiologische Studien oder das Qualitätsmanagement zu nutzen. Mit dem Leitfaden wollen wir die behandelnden Ärztinnen und Ärzte für Risikofaktoren und das frühzeitige Erkennen einer Sepsis sensibilisieren und die Routinedaten nutzbar machen für Qualitätssicherungsverfahren in der Sepsisbehandlung“, so die Autoren des Leitfadens.
Im Rahmen des Welt-Sepsis-Tages sowie der deutschlandweiten Kampagne #DeutschlandErkenntSepsis informiert das Koordinationsteam des Deutschen Qualitätsbündnisses Sepsis am 13. September in der Magistrale des Universitätsklinikums Jena über Möglichkeiten der verbesserten Früherkennung und –behandlung, sowie Dokumentation und Kodierung der Sepsis.
Weitere Informationen:
- Sepsis-Kodierleitfaden auf der Homepage des Deutschen Qualitätsbündnisses Sepsis
- Originalpublikation: Schwarzkopf, D., Rose, N., Fleischmann-Struzek, C. et al.Understanding the biases to sepsis surveillance and quality assurance caused by inaccurate coding in administrative health data. Infection (2023). https://doi.org/10.1007/s15010-023-02091-y
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Kontakt:
Dr. Daniel Schwarzkopf
Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Universitätsklinikum Jena
Tel.: 03641/9323195