Jena (UKJ/kbo). Nur die Betroffenen selbst hören es: dieses dauernde Pfeifen, Klirren, Summen oder Brummen im Ohr. Manche nehmen es nur ab und zu wahr, andere den ganzen Tag. Ist der Tinnitus erst einmal chronisch geworden, dauert er also länger als drei Monate, gibt es keine Heilung mehr. Dafür aber Möglichkeiten, mit dem dauerhaften Ohrgeräusch zu leben. Welche das sind, darüber spricht die Leiterin des Tinnitus-Zentrums am Uniklinikum Jena (UKJ), Dr. Daniela Ivanšić, bei der Abendvorlesung am Mittwoch, 29. Mai. Die kostenlose Veranstaltung beginnt um 19 Uhr im Hörsaal 1 im UKJ in Lobeda. Fachpublikum und Medizininteressierte sind herzlich eingeladen. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
„Alles, was zu einer Hörminderung führen kann, kann auch zu Tinnitus führen“, sagt Ivanšić. Das können sowohl Knalltraumata und Hörstürze als auch Lärm- oder Altersschwerhörigkeit sein, aber auch so banale Dinge wie Ohrenschmalz. Es gibt außerdem eine Reihe an orthopädischen oder Stoffwechselerkrankungen, die Tinnitus verursachen können. „Der Tinnitus ist eigentlich ein Phantomgeräusch. Die Patienten nehmen Geräusche wahr, die der Partner, die Familie und Freunde, aber auch der Arzt nicht hören“, beschreibt es die Leiterin des Tinnitus-Zentrums. Wenn der Tinnitus weniger als drei Monate andauert, handelt es sich um einen akuten Tinnitus. „Die Prognose ist da sehr gut“, berichtet Ivanšić. „Wir können den akuten Tinnitus genau wie einen Hörsturz behandeln, also beispielsweise mit Cortison oder Infusionen.“ Bei den meisten Menschen, etwa 70 Prozent, geht der akute Tinnitus jedoch in die chronische Form über. „Nach aktuellem Stand der Wissenschaft gibt es keine medizinische Behandlung, die zur Beseitigung des Tinnitus führt. Chronischer Tinnitus ist nicht heilbar.“
Doch die psychologische Psychotherapeutin kennt Möglichkeiten, mit dem dauerhaften Ohrgeräusch besser klarzukommen. In der Tinnitus-Tagesklinik des UKJ, die sie leitet, haben sich schon über 1000 Patienten behandeln lassen. So seien Entspannungstechniken und physiotherapeutische Maßnahmen hilfreich. Auch Hörgeräte mindern das Ohrgeräusch. „Mehr als 80 Prozent unserer Patienten leiden nämlich tatsächlich an Hörstörungen“, berichtet Ivanšić. Entscheidend sei aber auch Aufklärung. „Wissen ist Macht“, fasst sie es zusammen. „Es ist schon eine große Hilfe, wenn die Patienten ihren Tinnitus besser verstehen. Wir klären sie über ihre Ohrgeräusche auf und versuchen, die Ängste zu reduzieren, die mit den Ohrgeräuschen einhergehen.“ Damit erst gar kein Tinnitus entsteht, rät sie, von Anfang an auf das eigene Gehör zu achten. Mehr über Ursachen, Präventionsmöglichkeiten und den Umgang mit dem dauerhaften Ohrgeräusch erläutert Ivanšić bei der Abendvorlesung.