Jena (UKJ/kbo). Sieben Prozent der Erwachsenen in Deutschland leiden an Diabetes Mellitus, neun von zehn haben Typ 2-Diabetes. Für die Patienten bedeutet die Erkrankung neben regelmäßigen Arztbesuchen vor allem viel Eigenverantwortung in der täglichen Behandlung: Blutzucker messen, auf die Ernährung achten, Tabletten nehmen, Insulin spritzen. Kurzum: Der Diabetes gehört zum Alltag. Aber wie intensiv muss die Behandlung eigentlich sein? Welche Gefahren die Krankheit birgt und welchen Nutzen die Therapie hat, erklärt Prof. Ulrich-Alfons Müller, Leiter des Funktionsbereichs Endokrinologie / Stoffwechselerkrankungen in der Klinik für Innere Medizin III des Universitätsklinikums Jena (UKJ), in seinem Vortrag bei der nächsten Jenaer Abendvorlesung am Mittwoch, 24. Oktober. Die kostenlose Veranstaltung beginnt um 19 Uhr im Hörsaal 1 im UKJ in Lobeda. Fachpublikum und Medizininteressierte sind herzlich eingeladen. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
18.10.2018
Jenaer Abendvorlesung am 24. Oktober: Diabetes Mellitus – Wie intensiv muss meine Behandlung sein?
Prof. Dr. Ulrich-Alfons Müller spricht über die Gefahren der Krankheit und den Nutzen der Therapie / Problem Übertherapie
Hohe Blutzuckerwerte können gefährlich sein
Wenn der Blutzuckerwert bei Diabetespatienten ansteigt, kann das akute Beschwerden auslösen: Sie haben Durst, müssen oft Wasser lassen, fühlen sich schlapp und bekommen häufiger Entzündungen. Sind die Blutzuckerwerte über viele Jahre erhöht, kann das zu Schäden an Netzhaut, Nieren und Nerven führen. Ziel einer guten Behandlung und Schulung des Patienten ist es daher, diese Folgeerkrankungen des Diabetes und Beschwerden durch hohen Blutzucker zu verhindern.
Im Alltag schwanken die Blutzuckerwerte. Die Qualität der Diabetes-Behandlung wird daher am Langzeitblutzuckerwert HbA1c gemessen. Um Folgekomplikationen durch Überzuckerung vorzubeugen, empfiehlt die Nationale Diabetes-Leitlinie hier einen Wert zwischen 6,5 bis 7,5 Prozent. Ein fester Zielwert wird aber bewusst nicht vorgegeben. Denn wie konsequent die Empfehlung umgesetzt werden sollte, hängt immer auch von anderen Faktoren und dem persönlichen Therapieziel ab.
Prof. Müller: Überbehandlung vermeiden
Zudem weiß Prof. Ulrich-Alfons Müller, Mitautor der nationalen Diabetes-Leitlinie: „Es gibt ein Problem der Überbehandlung.“ Neuere Studien aus Deutschland, den USA und den Niederlanden weisen darauf hin, dass insbesondere ältere Menschen eine zu straffe Behandlung haben. „Von Blutzuckerwerten in der Nähe des Normbereichs können ältere Patienten keinen Nutzen mehr haben. Eher erleiden sie Schaden durch mehr Unterzuckerungen und mögliche Nebenwirkungen einer Therapie mit vielen Medikamenten“, berichtet der Diabetes-Experte. Schäden durch Überzuckerung an Augen, Nerven und Nieren treten außerdem meist erst nach vielen Jahren auf. „Das Behandlungsziel bei älteren Menschen ist Beschwerdefreiheit“, sagt Müller. Jüngere Patienten hingegen benötigten eine intensive Blutzuckerkontrolle. Der behandelnde Arzt muss daher gemeinsam mit dem Patienten über die Ziele und Intensität der Behandlung beraten. Und für eine gemeinsame Entscheidung brauchen die Patienten verständliche Informationen über die Gefährlichkeit der Krankheit und den Nutzen der Therapie.