Konsultationszentrum für myeloische Erkrankungen
Die im Jahre 2008 publizierte WHO-Klassifikation fasst unter dem Überbegriff „myeloische Erkrankungen“ die myeloproliferativen Neoplasien, die akuten myeloischen Leukämien, das myelodysplastische Syndrom, myelodysplastisch/myeloproliferative Neoplasien (MDS/MPN) und die myeloiden und lymphoiden Neoplasien mit Eosinophilie und Abnormalitäten von PDGFRA, PDGFRB und FGFR1 zusammen. Zur Gruppe der chronischen myeloproliferativen Neoplasien (CMPN) zählen
- die chronische myeloische Leukämie (CML)
- die Polycythaemia vera (PV)
- die essentielle Thrombozythämie (ET)
- die primäre Myelofibrose (PMF)
- die chronische Eosinophilenleukämie (CEL)
- die systemische Mastozytose (SM)
- sowie unklassifizierbare myeloproliferative Neoplasien (MPN-U).
Bis vor einigen Jahren konnte nur die CML aufgrund ihres klonalen Markers (Philadelphia-Chromosom bzw. BCR-ABL-Fusionsgen) zweifelsfrei diagnostiziert und von den anderen MPN sicher abgegrenzt werden. Durch die Entdeckung der JAK2-Mutation im Jahre 2005 wurde die Grundlage für ein besseres Verständnis der Pathogenese bei PV, ET und PMF und die Basis für eine zielgerichtete Therapie geschaffen. Dennoch bleiben viele Fragen unbeantwortet. Unklar ist das Zusammenspiel von genetischer Prädisposition und somatischen Einflüssen bei der Entstehung myeloproliferativer Erkrankungen. Hinsichtlich der molekularen Grundlagen der Pathogenese wird angenommen, dass die MPN nicht auf der Basis eines einzelnen molekularen Defektes, sondern im Rahmen eines Mehrschrittprozesses entstehen. Die genaue Bedeutung und der Zeitpunkt des Auftretens der JAK2-Mutation innerhalb dieser Schritte sind nicht bekannt. Unklar ist auch, warum trotz einheitlicher Mutation unterschiedliche Krankheitsbilder entstehen und warum der klinisch gleiche Erkrankungstyp auch ohne JAK2-Mutation angetroffen wird.
Eosiniphilie-assiziierte myeloproliferative Neoplasien sind häufig durch Aktivierungen der tyrosinkinasen PDGFR-A, PDGFR-B oder FGFR1 charakterisiert.
Die myelodysplastischen Erkrankungen sowie Übergangsformen zwischen myeloproliferativen und myelodysplastischen Erkrankungen weisen häufig Mutationen der Gene epigenetisch aktiver Proteine auf (z.B. TET2, EZH2, CBL). Diese Tatsache ist diagnostisch und therapeutisch nutzbar und Hinweis auf die Pathogenese der Erkrankungen.
Die Aufgabe des Kompetenzzentrums myeloische Neoplasien in Jena ist die Beratung, Diagnostik und Therapie von Patienten mit akuten und chronischen myeloischen Erkrankungen. Das Team widmet sich insbesondere der molekularen Aufklärung unklarer Krankheitsbilder mit der Möglichkeit einer zielgerichteten Therapie.