Arbeitsgruppen stellen sich vor:
Placenta-Labor - Grundlagenforschung an der Klinik für Geburtsmedizin
Laborleiter: Prof. Dr. Udo Markert
AG-Leiter: Dr. Diana Morales Prieto, PD Dr. Tanja Groten, Dr. Rodolfo Favaro, Dr. André Schmidt
Im Placenta-Labor der Klinik für Geburtsmedizin arbeiten wir zu Fragestellungen rund um die Reproduktion und Schwangerschaft mit der Plazenta im Fokus. Dabei stehen translationale Themen zur Erforschung von molekularen Ursachen Plazenta-assoziierter Schwangerschafts-erkrankungen und Implantationsversagen im Zentrum unserer Forschung. Ein spezieller, bereits mehrfach von der DFG geförderter Schwerpunkt ist die Untersuchung der Bedeutung von nicht-kodierender RNA und extrazellulären Vesikeln für die Kommunikation zwischen Plazenta und mütterlichem Organismus in der Schwangerschaft. Insbesondere interessiert uns dabei die Kommunikation zwischen der Plazenta und dem mütterlichen Immunsystem. Wir arbeiten sowohl an physiologischen als auch an pathologischen Vorgängen, um die Entwicklung neuer diagnostischer und therapeutischer Verfahren zu unterstützen. Des Weiteren nutzen wir die menschliche Plazenta für umfangreiche toxikologische Studien und als Alternative zu Tierversuchen, besonders im Bereich der Testung von Medikamenten und Umweltschadstoffen.
Im Placenta-Labor sind durchschnittlich 20 internationale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit unterschiedlichem naturwissenschaftlichem und medizinischem Hintergrund sowie in allen Phasen der wissenschaftlichen Karriere tätig. Wir sind lokal, national und international vernetzt und jederzeit offen für weitere Kooperationen. Das Labor ist thematisch und personell in verschiedene Arbeitsgruppen aufgeteilt, die sich inhaltlich und methodisch überschneiden und unterstützen. Auch innerklinisch funktioniert die Kooperation reibungslos, wodurch wir die für unsere Forschung notwendigen Plazenten und Serumproben in einer eigenen Bank sammeln können und zur Verfügung haben.
Das Placenta-Labor ist Ausrichter des Plazenta-Weltkongresses der International Federation of Placenta Associations (IFPA) 2024.
AG Extrazelluläre Vesikel und miRNA – Dr. rer. nat. Diana Morales
In der AG Morales steht die Kommunikation zwischen fetalen und mütterlichen Zellen im Mittelpunkt der Forschung. Wir forschen in drei überschneidenden Bereichen: Die feto-maternale Kommunikation, die durch extrazelluläre Vesikel und mikroRNAs vermittelt wird, die mütterliche immunologische Anpassung und der Umbau des Gehirns und deren Fortbestehen nach der Geburt sowie die Wirkung von Schadstoffen auf die Gesundheit der Mutter und die Schwangerschaft.
Wir haben gezeigt, dass fetale Trophoblastzellen ein einzigartiges miRNA-Profil exprimieren, welches Spezies umfasst, die fast ausschließlich von Plazentagewebe exprimiert werden. Diese miRNAs regulieren zelluläre Prozesse von Trophoblastzellen, wie Zellproliferation und -invasion, sowie die Fähigkeit, mit Endothel- und Immunzellen zu interagieren. Plazentare miRNAs, einschließlich derer, die in schwangerschaftsassoziierten Pathologien dysreguliert sind, werden über Extrazelluläre Vesikel (EV) von Trophoblastzellen freigesetzt. EV können von Immunzellen aufgenommen werden und damit deren Genexpression und Funktion beeinflussen. In unserem DFG-geförderten Projekt erforschen wir, wie die Aufnahme von vesikulären Proteinen und miRNAs, die Glykoproteine auf der Oberfläche von Immunzellen sowie deren Funktion verändert werden können.
Neben den hämatologischen Veränderungen wurde die physiologische Schwangerschaft mit einem postpartalen Verjüngungseffekt des Gehirns der Mütter in Verbindung gebracht, aber auch mit einer langanhaltenden Abnahme der Hirngröße. Die Mechanismen der Kommunikation zwischen Plazenta und Gehirn sind unklar, und wir vermuten, dass EVs das fehlende Bindeglied sein könnten. Im IZKF-Programm "Förderung von Frauen in der Wissenschaft" erforschen wir ein Modell der Blut-Hirn-Schranke (BHS) auf einem mikrofluidischen Biochip, um die Auswirkungen auf die Struktur der BHS und die Funktion der Nervenzellen zu untersuchen, die durch physiologische und pathologische Plazenta-EVs verursacht werden.
Das dritte und neueste Forschungsprojekt unserer AG untersucht den Einfluss der Umwelt auf die fetal-maternal vermittelte Kommunikation durch EVs. Darin erforschen wir Stoffe oder Stoffgemische aus der Umwelt, die zu Schädigungen in der Plazentafunktion führen können, z.B. Luftverschmutzung, Mikroplastik oder Tabakrauch.
AG Plazenta- und Endometriumbiologie: PhD Rodolfo Favaro
In der AG Favaro wird die bidirektionale Kommunikation zwischen mütterlichen und fetalen Zellen unter physiologischen und pathologischen Bedingungen untersucht. Derzeit stehen zwei große Forschungsthemen im Fokus. Ein DFG-gefördertes Projekt zielt darauf ab, insbesondere nicht-kodierende RNAs (ncRNA) zu charakterisieren, die von der menschlichen Plazenta exprimiert und über extrazelluläre Vesikel (EVs) in den mütterlichen Kreislauf exportiert werden, sowie ihre biologischen Rollen in Zielzellen normaler und diabetischer Schwangerschaften zu untersuchen. EVs werden mittels unseres ex-vivo Modells der humanen Plazenta-Perfusion und nachfolgender Ultrazentrifugation angereichert und RNA-Sequenzierung und bioinformatischen Analysen unterzogen. Die Ergebnisse sollen Aufschluss darüber geben, mit welchen Mechanismen die Plazenta die während der Schwangerschaft erforderlichen Anpassungen in den mütterlichen Organen reguliert und welchen Einfluss Diabetes auf diesen Prozess hat. In einer von der Else-Kröner-Fresenius-Stiftung geförderten Untersuchung wird die Expression nicht-kodierender RNAs in der Plazenta bei Wachstumsretardierung untersucht.
In einem weiteren Projekt werden Veränderungen der endometrialen Immunzellen von Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch und ihre Assoziationen mit viralen Infektionen ausgewertet. Als experimenteller Ansatz werden 3D-in-vitro-Modelle entwickelt, um aufzudecken, in welcher Form eine Kommunikation zwischen fetalen und mütterlichen Zellen stattfindet und ob diese bei Unfruchtbarkeit beeinträchtigt ist. Diese Daten sollen zu einem besseren Verständnis der biologischen Mechanismen beitragen, die der weiblichen Infertilität zugrunde liegen und zur Entwicklung neuer diagnostischer Strategien beitragen.
AG Plazenta-Toxikologie: Dr. rer. nat. André Schmidt
In der AG Schmidt stehen Tierversuchsalternativen und Speziesunterschiede in Bezug auf die Plazenta im Mittelpunkt. Für die Plazenta als zentrales Organ der Schwangerschaft im Menschen existiert kein wissenschaftlich akzeptables Tiermodell. Anatomie, Endokrinologie wie auch Immunologie unterscheiden sich deutlich zwischen den verschiedenen Tierarten. Beispielsweise entwickelt sich der Dottersack bei Maus, Ratte und Kaninchen zu einer zweiten Plazenta, welche toxikologisch von hoher Relevanz ist, beim Menschen aber nicht existiert. Auch auf molekularer Ebene gibt es zahlreiche Unterschiede. Das humane Choriongonadotropin, welches beim Schwangerschaftstest nachgewiesen wird, existiert nicht bei Mäusen, die für die humane Schwangerschaft bedeutsame hyperglykosylierte Variante dieses Hormons ist auf Menschenaffen beschränkt. Andererseits ist die Plazenta nach der Geburt permanent in gesundem Zustand verfügbar. Es ist daher naheliegend, das humane Organ in der Forschung zu verwenden. Prinzipiell kann dies auf drei verschiedenen Wegen geschehen. Die Plazenta kann ein- bzw. zweiseitig perfundiert werden, es können Gewebeexplantate entnommen werden und es ist möglich, einzelne Zelltypen zu isolieren. Die Arbeitsgruppe Plazenta-Toxikologie fokussiert sich hierbei in „PlaTox", einem BMBF-geförderten Kooperations-Projekt mit der TU Ilmenau, auf Gewebe-explantate. Dabei handelt es sich um kleine Gewebefragmente aus dem fetalen Teil der Plazenta. Diese bieten den Vorteil, dass sich die Zellen in ihrer natürlichen Umgebung befinden. Darüber hinaus lassen sich Plazenta-Explantate über einen längeren Zeitraum kultivieren, so dass sich ihre Verwendung nicht nur auf die akute Toxikologie beschränkt. Plazenta-Explantate können auch für Fragestellungen außerhalb der Toxikologie verwendet werden, z.B. bei der Erforschung von Infektionskrankheiten, für die Grundlagenforschung oder für pharmazeutische Studien hinsichtlich Schwangerschafts-relevanter Krankheiten wie der Präeklampsie.
AG Endothel – PD Dr. med. habil. Tanja Groten
In der AG Groten beschäftigen wir uns mit der Rolle der maternalen Gefäße im Rahmen von plazentaassoziierten Schwangerschaftserkrankungen wie der Wachstums-retardierung und der Präeklampsie. Im Labor führen wir, in Ergänzung zu den klinischen Studien in diesem Bereich, in der Zellkultur Untersuchungen zur endothelialen Dysfunktion und zur Interaktion von Trophoblastzellen und Endothelzellen durch. Gegenstand der Untersuchungen ist die Wechsel-wirkung zwischen endothelialer und plazentarer Funktion und Dysfunktion. Dabei wird der Effekt von Wirkstoffen, die in der Schwangerschaft zur Therapie und Prophylaxe von plazentaassoziierten Schwangerschaftskomplikationen eingesetzt werden, auf Trophoblast- und Endothelzellen untersucht. Hierbei werden funktionelle Tests und die Expression von mit zellulärem Stress verbundenen Markern in den Zellen nach Stress in An- oder Abwesenheit der zu untersuchenden Medikamente durchgeführt.
Ein ergänzender Schwerpunkt ist die Untersuchung der Alterungsprozesse in der Plazenta und der Einfluss von bei komplizierten Schwangerschaften im Serum der Mutter erhöhten Zytokinen auf die Alterung von Endothelzellen. Dabei soll die spatiale Verteilung der Alternsmarker in der Plazenta immunhistochemisch untersucht werden. Hierzu besteht eine Kooperation mit dem Institut für Pathologie, wo wir gemeinsam die Multiplex-Immunhistochemie für dieses Projekt anwenden möchten. Diese experimentellen Untersuchungen sind komplementär zu den klinischen Nachuntersuchungen von Frauen nach komplizierten Schwangerschaften, die vor allem nach Präeklampsie und Wachstumsretardierung ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen zeigen und ein funktionell vorgealtertes Gefäßsystem.
Hervorzuhebende Techniken des Placenta-Labors
- Ex vivo Plazenta-Perfusion
Diese Methode wird deutschlandweit ausschließlich in unserem Placenta-Labor angewendet. Sie erlaubt unter strengen Qualitätskriterien die Simulation eines fetalen und eines maternalen Kreislaufs bei intakter Plazenta-Schranke. Die Plazenta kann für bis zu 6 Stunden vital und funktionell gehalten werden, um bidirektionale Übertritte von Testsubstanzen (z.B. Medikamente, Umweltschadstoffe, körpereigene Faktoren) oder Zellen zu untersuchen. Auch die Testung von Anreicherungen im Gewebe oder Reaktionen auf Testsubstanzen sind möglich.
- 3D-Zell und Gewebekulturen
Zahlreiche verschiedene Methoden wurden etabliert und optimiert. Hierzu zählen insbesondere die Erzeugung und Kultur von Sphäroiden verschiedener Zelltypen und nach verschiedenen Protokollen, die Co-Kultur von trophoblastären Zellen und Endothelzellen als Modell der Angiogenese, die 3D-Imitation von Endometriumgewebe unter Einbeziehung verschiedener Zelltypen sowie die (Langzeit)Kultur von Plazenta-Explantaten für toxikologische Untersuchungen.
- EV Isolierung und Charakterisierung
Wir haben verschiedene Methoden zu diesem Zweck getestet und nutzen insbesondere sequentielle Ultrazentrifugation.
- miRNA-ISH
In situ-Hybridisierung zur Detektion nicht-kodierender RNA in Geweben
Ausgewählte Publikationen:
Pastuschek J, Nonn O, Gutiérrez-Samudio RN, Murrieta-Coxca JM, Müller J, Sanft J, Huppertz B, Markert UR, Groten T, Morales-Prieto DM (2021) Molecular characteristics of established trophoblast-derived cell lines. Placenta 108:122-133, PMID: 33810901
Chaiwangyen W, Murrieta-Coxca JM, Favaro RR, Photini SM, Gutiérrez-Samudio RN, Schleussner E, Markert UR, Morales-Prieto DM (2020) MiR-519d-3p in trophoblastic cells effects, targets and transfer to allogeneic immune cells via extracellular vesicles. Int J Mol Sci. 21(10):E3458. PMID: 32422900
Chiokadze M, Bär C, Pastuschek J, Dons'koi BV, Khazhylenko KG, Schleußner E, Markert UR, Favaro RR (2020) Beyond uterine natural killer cell numbers in unexplained recurrent pregnancy loss: Combined analysis of CD45, CD56, CD16, CD57, and CD138. Diagnostics (Basel) 10(9):650. PMID: 32872526
Murrieta-Coxca JM, Gutiérrez-Samudio RN, El-Shorafa HM, Groten T, Rodríguez-Martínez S, Cancino-Diaz ME, Cancino-Diaz JC, Favaro RR, Markert UR, Morales-Prieto DM (2020) Role of IL-36 cytokines in the regulation of angiogenesis potential of trophoblast cells. Int J Mol Sci. 22(1):285. PMID: 33396613
Heger JI, Froehlich K, Pastuschek J, Schmidt A, Baer C, Mrowka R, Backsch C, Schleußner E, Markert UR, Schmidt A (2018) Human serum alters cell culture behavior and improves spheroid formation in comparison to fetal bovine serum. Exp Cell Res. 365(1):57-65. PMID: 29476836
Multhaup A, Huppertz B, Göhner C, Böhringer M, Mai M, Markert U, Schleußner E, Groten T (2018) N-cadherin knockdown leads to disruption of trophoblastic and endothelial cell interaction in a 3D cell culture model Adh Migr 4;12(3):259-270. PMID: 29231798
Ospina-Prieto S, Chaiwangyen W, Herrmann J, Groten T, Schleussner E, Markert UR, Morales-Prieto DM (2016) MiR-141 is up-regulated in preeclamptic placentae and regulates trophoblast invasion and intercellular communication. Transl Res. 172:61-72. PMID: 27012474
Schmidt A, Morales-Prieto DM, Pastuschek J, Fröhlich K, Markert UR (2015) Only humans have human placentas: molecular differences between mice and humans. J Reprod Immunol 108:65-71. PMID: 25817465
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