(Institut für Biochemie I)
Das Aktincytoskelett besteht aus einer Vielzahl von Einzelmolekülen, die zu Filamenten und daraus aufgebauten Überstrukturen zusammengefügt sind und einem ständigen Umbau unterliegen.Diese kontinuierliche Reorganisation ist unabdingbar für die Zellteilung, die Aus-prägung der Zellmorphologie sowie für Zelladhäsion oder Migration und ermöglicht die Reaktion auf innere und äußere Reize. Solche Prozesse spielen z.B. während der Embryonal-entwicklung, der Wundheilung, aber auch bei der Ausbildung von Nervenzellnetzwerken eine wesentliche Rolle.
Bei der Untersuchung der molekularen Mechanismen und zellulären Funktionen von Kompo-nenten des Aktincytoskeletts stehen die Maschinerien, die den kritischen Schritt in der Aktin-filamentbildung katalysieren, die Aktinnukleatoren, im Mittelpunkt unseres Interesses.
Sowohl die morphologische und die funktionelle Organisation zellulärer Membranstrukturen und -kompartimente als auch Membrantransportprozesse sind von einem koordinierten Zusammenspiel einer Reihe von Molekülen am membrannahen (cortikalen) Aktincytoskelett abhängig. Ein Forschungsschwerpunkt ist daher die Identifizierung und Charakterisierung von molekularen Verbindungsgliedern zwischen Membrantransportprozessen und dem Cytoskelett, darunter das Aktin-bindende Protein Abp1.
Forschungsprojekte
Funktionelle Analyse von Abp1 -- Genetische, zellbiologische und biochemische Unter-suchungen im Model der Fruchtfliege zeigen, dass die korrekte Ausbildung von Sinnesorganen, wie Augen und Tasthaare, sowie die Bildung von neuromuskulären Synapsen durch das filamentöses Aktin-bindende Protein Abp1 vermittelte Aktinpolymerisationsreaktionen am Zell-kortex benötigen. Das Projekt untersucht daher die Abp1-Fähigkeiten zur Aktinfilament-bindung, zur Membranassoziaton und zur Aktivierung des Arp2/3-Komplexes sowohl in vivo als auch im Gesamtorganismus (Pinyol et al. 2007, Plos ONE; Koch et al. 2012, J. Cell Sci.).

Figure 1. Die Zellen des zentralen Nervensystems zeichnen sich funktionell, aber auch strukturell, durch einen hohen Spezialisierungs- und differenzierungsgrad aus. Dies ist sowohl für hippocampale Neuronen in Kultur (rechts) als auch in Drosophilaembryonen (links) deutlich sichtbar.
Der neue Aktinnukleator Cordon-bleu (Cobl) und seine Rolle in neuronaler Morphogenese und Netzwerkbildung -- Im Rahmen dieses Projektes haben wir mit Cobl einen neuen Aktinnukleators identifiziert (Ahuja et al. 2007, Cell) und untersuchen dessen Wirkungsweise, Funktion und Bedeutung in weiterführenden Studien. So charakterisieren wir die mechanistische Wirkungsweise von Cobl durch Mutations- und strukturelle Unter-suchungen, analysieren seine Proteininteraktionen mittels vielfältiger Methoden sowohl im Reaktionsgefäß als auch in lebenden Zellen und studieren zudem seine zellbiologischen Funktionen in der neuronalen Morphogenese und der korrekten Ausbildung neuronaler Strukturen (Haag et al. 2012, J. Neurosci.; Schüler et al. 2013, J. Cell Sci.).
Die Rolle von Cytoskelettkomponenten in der strukturellen und funktionellen Organisation von Neuronen -- Nervenzellkommunikation benötigt spezielle subzelluläre Kompartimente und Strukturen, die molekular organisiert werden müssen. Das Projekt untersucht die molekularen Grundlagen dieser Abp1-Funktionen in der Bildung und Plastizität von synaptischen Zell-Zellverbindungen (Häckel et al. 2008, J. Neurosci.) und in der der neuronalen Netzwerkbildung zugrundeliegenden Neuromorphogenese. In neuesten Studien konnten wir enthüllen, dass F-Aktin-verankerte Cobl/Abp1-Komplexe für Prozesse der Neuromorphogenese in der Tat wesentlich sind, insbesondere für die postnatale Arborisierung von Purkinjezellen, die die Quelle für die motorkoordination im Cerebellum repräsentieren (Haag et al. 2012, J. Neurosci.). Unsere Arbeiten tragen damit wesentlich zum Verständnis der Bedeutung von Reorganisationen des Cytoskeletts zur Ausbildung spezieller morphologischer Strukturen, die z.B. für die besondere Plastizität von Neuronen und für die Organisation neuronaler Netzwerke unabdingbar sind, bei.

Figure 2. Der Aktinnukleator Cobl ist wesentlich für die Entwicklung von Purkinje-zellmor-phologie im Kleinhirn Für Details siehe Publikation bzw. Titelbild in Journal of Neuroscience (Haag et al. 2012, J. Neurosci.).
weitere Forschungsprojekte am Institut siehe
Institut für Biochemie I - Britta Qualmann
AG Proteomics - Labor Heidrun Rhode