Die Sektion für Stammzelltransplantation steht mit seinen Mitarbeitern und seiner Ausstattung für einen hochspezialisierten Bereich, in dem Kinder und Jugendliche mit einer medizinisch anders nicht beherrschbaren Krebserkrankung oder einer schweren angeborenen nicht-malignen Erkrankung Blutstammzellen übertragen werden.
Wir gehören zu den großen Transplantationszentren in Deutschland und wenden sämtliche moderne Verfahren der Transplantation an. In Jena wurde im Jahr 2018 bereits das 700. Kind transplantiert.
Zu unseren besonderen Transplantations-Schwerpunkten gehören die zusätzliche Übertragung von Immunzellen des Spenders auf das erkrankte Kind zur Überwindung restlicher Krebszellen, die haploidentische Transplantation (speziell alpha-beta-CD3 und CD19 depletierte haploidentische Stammzelltransplantation) bei austherapierten soliden Krebsformen oder bestimmten Leukämieformen, bei der Eltern Stammzellen für ihre Kinder spenden. Ein anderer Schwerpunkt ist die Korrektur angeborener Stoffwechselstörungen, wie der Mukopolysaccharidose, die in enger Kooperation mit den Mitarbeitern des Stoffwechselzentrum Thüringens durchgeführt wird, das ebenfalls in die Klinik für Kinder- und Jugendmedizin in Jena intergriert ist. In Jena wurden in den letzten Jahren deutschlandweit die meisten Kinder mit dieser Erkrankung sehr erfolgreich transplantiert. Die Stammzellpräparationen werden in einem hochspezialisierten und zertifizierten Stammzellabor durchgeführt. Die Transplantationen werden im räumlich zugeordneten Kinderteil der hochmodernen Station (A110) durchgeführt, die von Kinderonkologen und internistischen Onkologen gemeinsam betrieben wird.
Sektion Stammzelltransplantation
JACIE-Akkreditierung
Das Stammzelltransplantationszentrum der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin besitzt zusammen mit dem Stammzelltransplantationszentrum der Klinik für Innere Medizin II in Jena die europäische JACIE-Akkreditierung.
Zur Gewährleistung von Stammzelltransplantationen in höchster Qualität wurde von der europäischen Organisation für Knochenmarktransplantation (EBMT) zusammen mit der Internationalen Gesellschaft für Zelltherapie (ISH) das so genannte JACIE-Akkreditierungsverfahren (Joint Accrediation Committee ISH-EBMT) begründet, mit dem Ziel, Stammzelltransplantationszentren anhand umfassend festgelegter Qualitätskriterien für die Generierung von Stammzellen, der Bearbeitung von Zellpräparaten und deren Transplantation auf Patienten auf Akkreditierungswürdigkeit hin zu überprüfen.
Zu den Qualitätskriterien zählen insbesondere, ob in einem Zentrum hinreichend Erfahrung mit einer genügend großen Anzahl bereits transplantierter Kinder vorliegt, ob eine adäquate räumliche sowie eine angemessene gerätetechnische Ausstattung besteht und ob genügend viel und exzellent qualifiziertes Personal zur Versorgung der Patienten zur Verfügung steht.
Aufbauend auf der erfolgreichen Zertifizierung der gesamten Klinik für Kinder- und Jugendmedizin nach dem Qualitätsmanagement ISO 9001 bereits vor etwa 15 Jahren, der fortlaufend durchgeführten Ausbildung und Fortbildung von Kinderärzten und Kinderkrankenschwestern im spezialisierten Gebiet der Stammzelltransplantation, der Zulassung des Stammzelllabors (mit Herstellungsgenehmigung) durch das Paul-Ehrlich-Institut, wurden umfangreiche Checklisten erarbeitet, anhand derer der gesamte Akkreditierungsprozess vollständig abgearbeitet wurde. Nach einer mehrtägigen Begutachtungsphase durch unabhängige Experten wurde das pädiatrische Stammzelltransplantationszentrum in Jena zur Durchführung autologer und allogener Stammzelltransplantationen bei Kindern- und Jugendlichen u. a. mit erworbenen Krebserkrankungen, wie Leukämien, Lymphome und soliden Tumoren oder angeborenen Erkrankungen, wie Immundefekte, schwere Hämoglobinopathien oder Stoffwechselerkrankungen, wie beispielsweise Adrenoleukodystrophien, Mukopolysaccharidosen sowie Osteopetrosis maligna erfolgreich akkreditiert.
Leistungsspektrum
- Transplantation von Blutstammzellen aus Knochenmark oder Blut
- Transplantation von eigen (autolog), nicht eigen (allogen-Geschwister, allogen weltweiter Fremdspender), elterlichen (haploidenten) Blutstammzellen
- Transplantation von immunologisch aktiven Spezialpräparationen (alpha-beta-CD3 und CD19 depletierte haploidentische Stammzellpräparate) zur Behandlung von prognostisch sehr ungünstiger Formen solider Krebsformen von Kindern
- Engmaschige Überwachung des Spenderzellanteils nach Transplantation (Chimärismusanalysen)
- Übertragung von Spenderimmunzellen auf das Kind zur Verhinderung von Abstoßung und Rückfall der Krebserkrankung
- Transplantation von Blutstammzellen zum Ausgleich von angeborenen Erkrankungen, Stoffwechseldefekten und Immundefekten mit schonenden Verfahren
- Transplantation autologer Stammzellen bei schweren Autoimmunerkrankungen wie Rheuma
- Das Alter der von uns betreuten Patienten reicht von Neugeborenen bis zu jungen Erwachsenen.
- Die Kinderkrankenschwestern der Transplantationsstation sind zudem meist ausgebildete Intensivschwestern, so dass die Patienten fast immer in den Reinräumen der Station bleiben können.
- Der Transplantationseinheit ist ein Kinder-Dialysezentrum angeschlossen, so dass im Bedarfsfall alle Verfahren der Nierenersatztherapie auch bei Neugeborenen rund um die Uhr eingesetzt werden können.
Pflegemaßnahmen
Da Ihr Kind bis zur Normalisierung des Blutbildes nicht nur durch Krankheitserreger aus seiner Umgebung, sondern auch durch die körpereigenen Keime der Haut und des Darmes besonders infektionsgefährdet ist, müssen alle Hygienemaßnahmen konsequent durchgeführt werden. Dazu gehört die tägliche Ganzkörperwaschung mit desinfizierender Lösung. Das Zähneputzen ist bei niedrigen Thrombozytenzahlen und der damit verbundenen Gefahr von Zahnfleischbluten nicht möglich. Um Infektionen der Mundhöhle durch Bakterien und Pilze zu verhüten, ist gründliches Mundspülen erforderlich. Die Pflege der Luftwege erfolgt durch mehrfach tägliches Inhalieren.
Ernährung
Während der Zeit auf der KMT-Station haben die Kinder häufig keinen Appetit. Das Geschmacksempfinden verändert sich als Nebenwirkung der Chemotherapie, viele Speisen schmecken anders als bisher. Die Patienten können so viel oder so wenig essen, wie sie wollen. Sie werden zu keiner Zeit zum Essen oder Trinken gezwungen, da sie bei Bedarf eine totale parenterale Ernährung über die Infusion erhalten. Darüber hinaus haben die Patienten Wunschkost.
Einbeziehung der Eltern in die Betreuung unserer Patienten
Wir begrüßen es, wenn die Eltern während der Zeit der Transplantation die psychische Betreuung ihrer Kinder unterstützen. Sie können tagsüber in der Sterilpflegeeinheit bei Ihrem Kind sein. Während der Zeit der höchsten Infektionsgefährdung müssen Sie sich wie alle, die die Sterilpflegeeinheit betreten wollen, vor dem Betreten die Hände waschen und desinfizieren und spezielle Sterilkleidung anziehen. Bis Sie die entsprechende Technik beherrschen, werden Sie von unseren Schwestern angeleitet.
Serviceangebote
Während des stationären Aufenthaltes in unserer Klinik haben Sie die Möglichkeit, im Ronald McDonald Elternhaus oder in Ausnahmefällen auch bei Ihrem Kind im Isolierzimmer zu übernachten. Im Elternhaus oder im benachbarten Haus der Elterninitiative können Sie sich erholen, Kontakte zu anderen Eltern knüpfen und die Angebote nutzen. Für begleitende Geschwisterkinder steht unser Geschwisterkindergarten zur Verfügung. Tagsüber werden sie dort durch Fachpersonal betreut. Die Mitarbeiterin des Sozialdienstes steht Ihnen für begleitende Gespräche und sozialrechtliche Fragen ebenso zur Seite wie unsere Psychologen und ein Seelsorger.
Leistungsangebote des Sozialdienstes
- Beratung in sozialen und sozialrechtlichen Fragen sowie bei persönlichen Problemen, die mit der Erkrankung zusammenhängen
- Hilfe bei der Beantragung und Durchsetzung von finanziellen Ansprüchen gegenüber Krankenkassen, Sozialamt und ggf. Beantragung finanzieller Unterstützungen bei gemeinnützigen Organisationen
- Beantragung von Schwerbehindertenausweisen einschließlich Neufeststellungsanträgen (z.B. Erhöhung des Schwerbehindertengrades)
- Entlassungsvorbereitungen:
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- Beantragung von stationären Rehabilitationsmaßnahmen
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- Beantragung von Leistungen aus der Pflegeversicherung
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- Organisation der Bereitstellung von Hilfsmitteln
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- Einleitung häuslicher Krankenpflege
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- Einleitung von Hausbeschulung
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- Zusammenarbeit mit dem Jugendamt bei entsprechendem Hilfebedarf der Familie
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- Kontaktaufnahme mit dem Arbeitsamt zwecks beruflicher Rehamaßnahmen
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- Information über Selbsthilfeorganisationen
Der Sozialdienst steht den Patienten und ihren Angehörigen bei allen Fragen, die sich im Zusammenhang mit der Krankheit und dem Krankenhausaufenthalt ergeben, beratend und unterstützend zur Seite.
Information - Stammzelltransplantation bei Kindern und Jugendlichen
Blutstammzelltransplantationen werden bereits seit mehr als 50 Jahren durchgeführt.
Ursprünglich wurde das Verfahren aus Erfahrungen abgeleitet, die man bei der Behandlung von Leukämien mit Zytostatika gemacht hatte.
Zytostatika bringen sehr effektiv Leukämiezellen zum Absterben und wirken dabei so stark, dass meistens sogar eine dauerhafte Heilung erreicht werden kann.
Manchmal widerstehen die Zellen aber hartnäckig den Behandlungen mit Zytostatika. Es verbleiben restliche Zellen, die sich oft sehr schnell wieder ausbreiten. Andere Zytostatika wirken dann ebenfalls nicht mehr effektiv genug und die Zytostatika lassen sich nicht ohne weiteres höher dosieren, da mit Zytostatika auch die normalen Blutzellen getroffen werden. Nach dem Einsatz von Zytostatika kommt es daher zu einer schweren Unterdrückung des Immunsystems. Dosiert man die Zytostatika sehr hoch, erholt sich die normale Blutbildung und das Immunsystem nicht mehr rechtzeitig, bevor Infektionen einen tödlichen Verlauf nehmen können.
Aufgrund dieser Zusammenhänge stellte sich bereits in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts die Frage, ob nicht Blutstammzellen eines anderen Menschen die Funktionen der Blutbildung und des Immunsystems in einem Patienten übernehmen können, der sehr hoch mit Zytostatika behandelt wurde.
Dass dies prinzipiell möglich ist, wurde zuerst 1958 bei einem Kind mit therapieresistenter Leukämie versucht, dass nach einer intensivierten Therapie Knochmarkzellen von seinem Geschwister bekam.
Die damalige Behandlung war erfolgreich und der Ausgang für ein innovatives Verfahren, dass auch heute noch ständig weiter entwickelt wird und dem seit seiner Erfindung große Hoffnung geschenkt wird.
Das Kind und viele Patienten danach bekamen dabei eine Übertragung von Knochenmark. Heutzutage können Blutstammzellen durch Ausschwemmung nach Stimulierung des Knochenmarks auch aus den normalen Venen isoliert werden. Hierzu wird der Blutkreislauf für wenige Stunden mit einer speziellen Zentrifuge verbunden, welche die Stammzellen isoliert (Leukapherese).
Die Übertragung eigener, zwischenzeitlich tief gefrorener Zellen bezeichnet man als autologe, die Übertragung der Stammzellen eines anderen Menschen als allogene Stammzelltransplantation. Als Stammzellspender eignen sich Geschwister oder unverwandte Menschen, die bei der Verwendung unveränderter Stammzellpräparate in den Gewebemerkmalen identisch sein müssen. Besonders bei Kindern kommt heutzutage auch die Möglichkeit in Betracht, die Blutstammzellen eines Elternteils zu verwenden. Dies ist möglich, seit dem die Präparation reiner (> 99 %) Stammzellen machbar geworden ist. Der Gehalt an Stammzellen beträgt im Knochenmark lediglich 1 %.
Eine darüber hinaus gehende neue Methode basiert auf einer Präparation von Stammzellen, die lediglich von so genannten spezifischen Gedächtniszellen befreit sind (alpha-beta-CD3 und CD19 depletierte haploidentische Stammzelltransplantation) und noch alle Zellen der angeborenen Immunität beinhalten. Ziel des Verfahrens ist es, mit diesen Zellen die angeborene Immunität gegen Krebszellen des Spenders zur Bekämpfung möglicher restlicher Krebszellen des Patienten einzusetzen. Auch dieses Verfahren setzen wir mit gutem Erfolg speziell zur Behandlung von Kindern mit sehr weit fortgeschrittenen soliden Krebsgeschwülsten ein.
Forschung
Hier können Sie in mehreren Abschnitten einiges über die Forschung der Kinderklinik Jena zur Kinderonkologie und zur Blutstammzelltransplantation erfahren.