Stellenwert molekularbiologisch nachgewiesener polymikrobieller Infektionen
Aktuelle Untersuchungen infizierter Herzklappen mittels Next-Generation-Sequenzierung zeigen im Gegensatz zur konventionellen kulturellen bakteriologischen Diagnostik, die oft nur einen einzelnen Erreger nachweist, ein vermehrtes Auftreten von polymikrobiellen Infektionen. Das Projekt soll klären, ob die molekularbiologisch nachgewiesenen Erreger pathophysiologisch relevant sind und somit antibiotische Therapien erfordern. Proben explantierter Herzklappen von Patienten mit Endokarditis sollen mit zwei verschiedenen Sequenzierungstechniken, einem Verfahren der zweiten Generation (Illumina) und einem Verfahren der dritten Generation (Nanopore), analysiert werden. Zusätzlich soll eine über die Routine hinausgehende kulturelle Diagnostik mit variierenden Nährböden und längeren Inkubationszeiten durchgeführt und histologische Analysen zur Validierung der Befunde herangezogen werden. Nach Vergleich der Ergebnisse wird untersucht, ob das Nichterkennen molekularbiologisch nachgewiesener Erreger in der kulturellen Diagnostik (z.B. aufgrund intrinsischer Resistenz) mit einem ungünstigen Krankheitsverlauf assoziiert ist. Bei gehäuftem Auftreten spezifischer Erregerkombinationen werden in vitro und in vivo (Gallerea mellonella-Modell) Mono- und Koinfektionen getestet, um die Virulenz der Erreger und den Einfluss der Koinfektion auf die Virulenz zu analysieren. Die geplante Studie wird grundlegende Einblicke in die Pathophysiologie von polymikrobiellen Infektionen bieten und die Entscheidungsgrundlage für die Wahl geeigneter antimikrobieller Therapien verbessern.
Verantwortlich: M. Pletz (Infektionsmedizin) und B. Löffler (Mikrobiologie)
Optimale Antibiotikakombinationstherapie gegen Biofilmbildung
Die konventionelle Antibiotikatherapie der Endokarditis basiert auf veralteten Studien. Neuere Antibiotika und Kombinationstherapien bieten aufgrund ihrer Pharmakodynamik und -kinetik potenziell bessere Optionen. Beispielsweise zeigt die historische Kombination Ampicillin/Gentamicin ein hohes Maß an Nephrotoxizität und wird nun häufig durch Ampicillin/Ceftriaxon ersetzt. Obwohl Ceftriaxon nicht direkt gegen E. faecalis wirkt, verstärkt es die Wirkung von Ampicillin durch sequenzielle Blockade Penicillin-bindender Proteine. Die Übertragbarkeit und Bedeutung der minimalen Hemmkonzentrationen, die in Flüssigkulturen von Bakterien in der planktonischen Phase gemessen wurden, bleibt für Biofilme auf Herzklappenoberflächen noch ungeklärt. Dieses Projekt soll daher die Wirksamkeit neuer Antibiotika (z.B. Dalbavancin und Tedizolid) und neuer Kombinationen in planktonischen und Biofilmmodellen untersuchen. Dies soll zunächst im Checkerbord-Verfahren geprüft und vielversprechende Kombinationen dann in in-vivo-Biofilm-Tests untersucht werden (Gallerea mellonella Fremdkörper-Infektionsmodell). Dabei werden mit klinischen Endokarditis-Isolaten (S. aureus, E. faecalis, E. faecium) infizierte Stifte implantiert und nach Behandlung der Larven auf ihre Bakterienlast untersucht. Die Bestimmung der Biofilmwirksamkeit erfolgt mittels verschiedener Methoden (Start-Growth-Methode) und Laser-Scanning-Mikroskopie. Diese Studie wird zur Optimierung der Antibiotika- und Antibiotikakombinationstherapie bei Endokarditis beitragen.
Verantworlich: M. Pletz (Infektionsmedizin)
Der Effekt der Antibiotikatherapie auf persistierende intrazelluläre Staphylokokken
Herzklappen stark zerstören, in das umliegende Gewebe eindringen und Abszesse bilden. Diese Infektionen sind schwierig zu eradizieren und neigen zu Rezidiven. Durch Bildung von small colony variants (SCVs) und durch das Eindringen in Wirtszellen kann S. aureus für längere Zeit (Monate bis Jahre) im Wirtsgewebe, vor allem im intrazellulären Milieu, persistieren ohne vom Immunsystem oder von Antibiotika eliminiert zu werden. Die bei Endokard tis häufig eingesetzten Betalaktame gelten gegenüber intrazellulären Erregern als wirkungslos – experimentelle Daten dazu fehlen. Im Projekt soll untersucht werden, welche Antibiotika/Antibiotikakombinationen auf intrazelluläre S. aureus Endokarditis-Stämme wirken. In Langzeit-Infektionsexperimenten in Endothelzellen soll die Fähigkeit klinischer Endokarditis-Isolate zur Invasion von Endothelzellen und zur intrazellulären Bildung von SVCs untersucht werden. Insbesondere soll getestet werden, welche Antibiotikakombinationen persistierende Bakterien am effektivsten eliminieren. Neben der antimikrobiellen Wirkung wird evaluiert, ob die eingesetzten Substanzen unter bestimmten Bedingungen die Bildung von SCVs induzieren und damit möglicherweise sogar chronische Infektionen begünstigen. Die effektivsten Antibiotikakonzentrationen werden in einem chronischen murinen S. aureus Blutstrom- Infektionsmodell getestet, um festzustellen, ob bakterielle Absiedlungen in verschiedenen Organen (z.B. Wirbelsäule, Hirn) durch Antibiotika vollständig aus dem Körper eliminiert werden können.
Verantwortlich: B. Löffler (Medizinische Mikrobiologie)
Optimale Bildgebung zur Diagnose der Endokarditis: Eine umfassende Evaluation der PET-CT im Vergleich zur transösophagealen Echokardiographie
Die konventionelle transthorakale Echokardiographie (TTE) erweist sich oft als unzureichend und stößt insbesondere bei Patienten mit künstlichen Herzklappen oder implantierten medizinischen Geräten an ihre Grenzen. In diesem Zusammenhang hat sich die PET-CT-Bildgebung, die ursprünglich für das Tumor-Staging entwickelt wurde, als vielversprechende Methode für die Fokussuche in der Infektiologie etabliert. Umfassende Daten aus multizentrischen, großen Kohorten, die den klinischen Stellenwert der PET-CT im Vergleich zur transösophagealen Bildgebung bei Endokarditis evaluieren, fehlen bisher. Ziel des Forschungsvorhabens ist es, die diagnostische Wertigkeit der PET-CT im Vergleich zur TTE in der Endokarditisdiagnostik umfassend zu untersuchen. Dabei sollen nicht nur Sensitivität und Spezifität der Verfahren analysiert, sondern auch ökonomische Aspekte berücksichtigt werden. In einer Metaanalyse werden bisherige Literaturdaten zur diagnostischen Leistungsfähigkeit der PET-CT im Vergleich zur TTE analysiert. Darüber hinaus werden multizentrische Studien in enger Kooperation mit den Kliniken des GermaM HeaRTS Netzwerkes durchgeführt. In einer retrospektiven Studie werden Patienten eingeschlossen, bei denen bereits beide bildgebenden Verfahren angewendet wurden. In prospektiven Studien soll die diagnostische Aussagekraft von PET-CT und TTE parallel evaluiert werden. Der histologische Nachweis an explantierten Herzklappen dient als Goldstandard zur Beurteilung der diagnostischen Verfahren. Bei nicht operierten Patienten werden die neu entwickelten Dukes-Kriterien herangezogen.
Verantwortlich: P.C. Schulze (Kardiologie)
Mikrobiologische Determinanten und Patienten-spezifische Risikofaktoren bei Driveline-Infektionen - eine umfassende Analyse für verbesserte Therapiestrategien
Driveline-Infektionen stellen eine ernsthafte Komplikation bei Herzunterstützungssystemen. Jeder fünfte Patient erleidet nach Implantation eine Infektion mit Erregern, die für die Bildung von hartnäckigen Biofilmen bekannt sind, v.a. mit S. aureus. Obwohl spezifische Risikofaktoren für Therapieversagen bei Patienten (Wirt) gut dokumentiert sind, mangelt es bisher an einer detaillierten Untersuchung der mikrobiologischen Parameter (Erreger), die den Erfolg oder Misserfolg der Therapie beeinflussen (z.B. Identifikation bestimmter Klone, Stärke der Biofilmbildung, Virulenzgene). Das vorliegende Projekt zielt darauf ab, ein tieferes Verständnis für die mikrobiologischen Parameter erlangen, die mit dem Ansprechen oder Versagen der Therapie bei Driveline-Infektionen in Zusammenhang stehen. In enger Kooperation mit den Kliniken des GermaM HeaRTS Netzwerks soll ein umfassendes Register von Patienten mit Herzunterstützungssystemen aufgebaut werden. Hierbei werden die auftretenden Driveline-Infektionen detailliert dokumentiert. Die verantwortlichen Erreger werden in einer spezialisierten Biobank gesammelt. Sie werden sequenziert und ihre Zugehörigkeit zu definierten Klonen sowie die Präsenz von Virulenzfaktoren überprüft. In funktionellen Zellkulturbasierten Analysen werden außerdem die Virulenz sowie die Fähigkeit zur Internalisierung und Biofilmbildung quantifiziert. Mit multivariaten Analysen wird untersucht, ob spezifische Erregerparameter über die bisher bekannten Patientenrisikofaktoren hinaus einen signifikanten Einfluss auf den Therapieerfolg haben. Durch die Identifikation mikrobiologischer Determinanten und deren Verknüpfung mit patientenspezifischen Risikofaktoren soll die individuelle Vorhersage des Therapieansprechens und des Risikos einer Progression zur Sepsis optimiert werden, um z.B. die Dringlichkeit einer Transplantationslistung anzupassen.
Verantwortlich: T. Doenst (Herzchirurgie)
Kardiomyopathie bei Patienten mit Endokarditis – Unterscheidung zwischen valvulärer und septischer Ätiologie
Die Kardiomyopathie ist eine schwerwiegende Komplikation bei Endokarditis, die das klinische Management entscheidend beeinflusst. Sie kann entweder durch die Klappenfehlfunktion (valvuläre Kardiomyopathie) und/oder durch eine begleitende Sepsis (septische Kardiomyopathie) bedingt sein. Da die septische Kardiomyopathie nach erfolgreicher Antibiotikatherapie rückläufig ist, ist die Klärung der Ätiologie für das Management entscheidend. Infektionsassoziierte Faktoren (z.B. Art der bakteriellen Infektion, Infektionsquelle) und Wirtsfaktoren (z.B. Immunstatus, frühere Infektionen, frühere Operationen, kardiovaskuläre Vorerkrankungen) sind mit der Entwicklung und dem Verlauf einer septischen Kardiomyopathie assoziiert. Bemerkenswert ist, dass bei der septischen Kardiomyopathie Marker für Stoffwechselstörungen beobachtet werden. Mit diesem Projekt soll die Hypothese geprüft werden, dass Kardiomyopathie bei Endokarditis mit einer bestimmten Gruppe von metabolischen, proteomischen und epigenetischen Markern assoziiert ist, die mit dem klinischen Phänotyp korrespondieren und prognostische Informationen enthalten. Blutproben von Patienten mit Endokarditis, von Patienten mit septischer Kardiomyopathie ohne Endokarditis, von Patienten mit nicht-infektiöser Mitralklappenerkrankung mit und ohne eingeschränkte Herzfunktion (LVEF>45%) sowie von gesunden Probanden werden mittels Metabolomics, Proteomics und Epigenomics in Zusammenarbeit mit den Core Units des UKJ und den kooperierenden Instituten und Abteilungen des Verbunds analysiert. Die Ergebnisse werden mit klinischen und funktionellen Daten korreliert. Das Ziel besteht darin, Signaturen von Serummarkern zu identifizieren, die eine septische von einer valvulären Kardiomyopathie bei Endokarditis diskriminieren können.
Verantwortlich: P.C. Schulze (Kardiologie)
Individualisierung der Therapiedauer bei Endokarditis durch den Einsatz von zellfreier mikrobieller DNA als Biomarker
Bei der Behandlung der Endokarditis besteht eine erhebliche Evidenzlücke in den Leitlinien bezüglich der Therapiedauer, die traditionell 4-6 Wochen beträgt. Diese lange Dauer ist historisch gewachsen, nicht durch Studien belegt und wird den individuell sehr unterschiedlichen Krankheitsverläufen nicht gerecht. Darüber hinaus ist die lange Dauer mit verschiedenen Risiken verbunden, wie z.B. verlängerter Krankenhausaufenthalt, Infektionen an Gefäßkathetern und das Risiko von Clostridium difficile-Infektionen. Im vorgeschlagenen Projekt soll eine prospektive Kohortenstudie durchgeführt werden, in der die zellfreie mikrobielle DNA im Blutstrom der Patienten während des Therapieverlaufs wiederholt gemessen wird. Der Konzentrationsabfall der zellfreien DNA hat eine deutlich höhere Sensitivität als die Sterilisation von Blutkulturen und kann helfen - so der aktuelle Stand der Diskussion -, die Therapiedauer zu verkürzen und zu individualisieren. Ziel ist es, die Machbarkeit einer personalisierten Therapiedauer zu prüfen und diese Daten als Grundlage für eine anschließende randomisierte Studie zu nutzen, die im BMBF-Programm für Klinische Studien eingereicht werden soll.
Verantwortlich: M. Pletz (Infektionsmedizin)
Bestimmung des Konzentrationsgefälles von Antibiotika in großen Vegetationen bei infektiöser Endokarditis
Die Indikation zur operativen Klappensanierung wird aufgrund einer Klappendysfunktion und der Größe der vorhandenen Vegetationen gestellt. Aktuelle Leitlinien empfehlen eine Operation ab einer Größe von 10 mm, auch wenn keine Klappendysfunktion oder Zeichen einer Herzinsuffizienz vorliegen. Kleinere Vegetationen sind häufig konservativ gut behandelbar und stellen daher keine direkte Operationsindikation dar. Es ist derzeit unklar, warum größere Vegetationen schlechter auf eine Antibiotikatherapie ansprechen. Eine Vermutung ist die mangelnde Penetration von wirksamen Antibiotika ab einer bestimmten Vegetationsgröße, dazu gibt es aber keine Daten. In diesem Projekt sollen daher die Antibiotikakonzentrationen und der Anteil lebender/abgetöteter Bakterien in unterschiedlichen Schichten des operativ entfernten Gewebes mit den im Leibniz-Institut für Photonische Technologien etablierten spektroskopischen Verfahren bestimmt werden. Diese Werte sollen dann mit den Konzentrationen des Antibiotikums im Blut und im Perfusionsmedium in Beziehung gesetzt werden. Die Ergebnisse dieses Projekts werden entscheidende Information für den klinischen Alltag liefern, da sie Klarheit über die potentielle Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit der aktuell leitlinienkonformen Antibiotikatherapie liefert.
Verantwortlich: T. Doenst (Herzchirurgie)