Ursachen des unerfüllten Kinderwunsches
Jedes fünfte bis sechste Paar in Deutschland bleibt ungewollt kinderlos. Die Gründe für einen unerfüllten Kinderwunsch können vielfältig sein. Neben verschiedenen Umweltfaktoren ist auch das ansteigende Alter der Frau bei Planung der ersten Schwangerschaft ein Grund, dass immer mehr Paare betroffen sind. Eine eingeschränkte Fruchtbarkeit betrifft Frauen und Männer gleichermaßen häufig.
Ursachen bei der Frau:
Die Ursachen für eine Unfruchtbarkeit bei der Frau können sein: Hormonelle Veränderungen, Verschluss oder Funktionsverlust der Eileiter, Veränderungen und Fehlbildungen in der Gebärmutter und Erkrankungen wie Endometriose, Myome oder das PCO-Syndrom.
Hormonelle Ursachen:
Störungen des Hormonhaushaltes gehören zu den häufigsten Ursachen der weiblichen Sterilität. Das Wachstum des Eibläschen im Eierstock wird von Hormonen der Hirnanhangsdrüse gesteuert (FSH, LH). Wird eine zu geringe Menge von diesen Hormonen produziert, kann das Eibläschen nicht vollständig heranreifen. Diese Störung kann genetisch bedingt sein, aber auch bei Leistungssportlerinnen oder Frauen mit starkem Untergewicht auftreten. Eine Erhöhung des Hormons Prolaktin, welches während der Stillphase für die Milchbildung verantwortlich ist, verhindert den Eisprung. Eine Erhöhung kann auftreten durch: Stress, bei einer Unterfunktion der Schilddrüse, Einnahme von bestimmten Medikamenten und bei Tumoren der Hirnanhangsdrüse. Des Weiteren kann eine Erhöhung von männlichen Hormonen den Eisprung verhindern. Ausgeprägt ist dies bei einem PCO-Syndrom. Auch eine Schilddrüsenfunktionsstörung kann ein Grund sein. Ebenfalls kann ein Mangel des Gelbkörperhormons (Progesteron) der Grund für eine ausbleibende Einnistung der Eizelle sein. Die meisten Hormonstörungen verursachen Zyklusstörungen. Diese machen sich bemerkbar durch: ein zu kurzes Zyklusintervall, ein zu langes Zyklusintervall, Zwischenblutungen oder Schmierblutungen am Ende des Zyklus (prämenstruelles Spotting).
Verschluss der Eileiter (Tuben):
Bei einem Verschluss der Tuben können die Samenzellen nicht zur befruchtungsfähigen Eizelle gelangen. Gründe für einen Verschluss können sein: Verwachsungen nach einer Bauchoperation (z.B. Appendektomie), Infektion durch verschiedene Erreger, z.B. durch Chlamydien oder Endometriose. Bei einer gestörten Funktion der Eileiter kann das Risiko einer Eileiterschwangerschaft erhöht sein.
Gebärmutterfehlbildungen und Myome:
Es gibt angeborene Fehlbildungen der Gebärmutter, die zu vermehrten Fehlgeburten führen können. Fast ein Drittel aller Frauen über 30 Jahren haben gutartige Knoten in der Gebärmutterwand (Myome). Je nach Lage können Myome die Fruchtbarkeit beeinträchtigen. Bei manchen Frauen, insbesondere nach mehreren Ausschabungen, kann die Schleimhaut der Gebärmutter (Endometrium) so stark beschädigt sein, dass sie sich bis zum Eisprung nicht ausreichend aufbauen kann und den Embryo aufnehmen kann (Asherman-Syndrom).
Endometriose:
Endometriose ist eine gutartige Erkrankung der Frau, bei der Gebärmutterschleimhaut, außerhalb der Gebärmutterhöhle befindet und dort zu lokalen Entzündungsreaktionen führt. Meist kommt die Endometriose im Bereich der Eierstöcke, der Eileiter, des Bauchfells, aber auch der Harnblase, des Darm und weitere Organe vor. Viele Frauen wissen nicht, dass sie von einer Endometriose betroffen sind, dies wird häufig erst bei der operativen Abklärung bei unerfülltem Kinderwunsch diagnostiziert. Etwa. 20 – 50 % aller Kinderwunschpatientinnen haben eine Endometriose. Häufig verursacht die Endometriose Schmerzen bei der Regelblutung und / oder beim Geschlechtsverkehr. Endometriose kann die Eileiter verschließen, im Eierstock zu einer Zystenbildung führen und die Eizellreserve vermindern.
Ursachen beim Mann:
Bei 30-40% der Paare mit unerfülltem Kinderwunsch liegen Störungen der männlichen Fruchtbarkeit vor. Daher sollte bei jedem Kinderwunsch-Paar auch der Mann mit untersucht und befragt werden.
Wir bieten im Rahmen der Kinderwunschbehandlung und –abklärung die Durchführung von Spermiogrammen (Samen-Untersuchung, Ejakulat-Untersuchung) in unserem andrologischen Labor an. Die exakte Bestimmung von Zahl, Beweglichkeit (Motilität), Aussehen (Morphologie) der Spermien und weiterer Ejakulatparameter ist von entscheidender Bedeutung für die Auswahl der richtigen Therapie (Insemination, IVF oder ICSI).
Wichtig ist, dass vor Abgabe einer Samenprobe eine Karenzzeit von mindestens 3 Tagen und maximal 5 Tagen besteht. Die Gewinnung der Probe kann vor Ort oder zu Haus erfolgen. Der Transport der Probe sollte körperwarm erfolgen und die maximale Transportzeit sollte 45 Minuten nicht übersteigen.
Untersuchungen
1. Hormonuntersuchungen
Die Hormonuntersuchung ist ein fester Bestandteil zur Abklärung des unerfüllten Kinderwunsches und der Beurteilung des weiblichen Zyklus. Da sich Hormonwerte im Laufe des Menstruationszyklus verändern und Schwankungen unterliegen, ist die Blutentnahme zur Bestimmung dieser Parameter vor allem zwischen dem 2. Und 5. Zyklustag (nach Beginn der Regelblutung) sowie in der Mitte der zweiten Zyklushälfte (18.-21. Tag) sinnvoll. In unserem Kinderwunschzentrum kann das ganze Spektrum von Hormonen bestimmt werden. Bei speziellen Fragestellungen arbeiten wir mit den Kollegen der internistischen Endokrinologie zusammen um z.B. hormonelle Funktionstests durchzuführen.
2. Ultraschall
Die Ultraschalluntersuchung ist wesentlicher Bestandteil der Abklärung bei unerfülltem Kinderwunsch. Hiermit können die Eierstöcke (Ovarien) und die Gebärmutter (Uterus) im kleinen Becken der Frau untersucht werden.
Zudem kann über ein Zyklusmonitoring das Eibläschenwachstum (Follikelwachstum) schrittweise überwacht werden. Ergänzende Hormonbestimmungen können helfen, das Zyklusmonitoring zu ergänzen.
3. Spermiogramm
In unserem andrologischen Labor bieten wir im Rahmen der Kinderwunschbehandlung die Durchführung von Spermiogrammen (Samen-Untersuchung) an. Die exakte Bestimmung von Zahl, Beweglichkeit (Motilität), Aussehen (Morphologie) der Spermien und weiterer Parameter ist von Bedeutung für die weiteren diagnostischen Schritte und die Auswahl der richtigen Behandlung (Insemination, IVF oder ICSI). Zudem sind diese Spermiogramme für die Erstellung des Behandlungsplanes zur Vorlage bei der gesetzlichen und privaten Krankenkasse und deren eventuelle Kostenbeteiligung notwendig.
Wichtig ist, dass vor Abgabe einer Samenprobe eine Karenzzeit von mindestens 3 Tagen und maximal 5 Tagen besteht. Die Gewinnung der Probe kann vor Ort oder zu Haus erfolgen. Der Transport der Probe sollte körperwarm erfolgen und die maximale Transportzeit sollte 45 Minuten nicht übersteigen.
4. Eileiterdiagnostik (Eileiterdurchgängigkeits-Prüfung)
Aufgrund von Voroperationen, Infektionen, Endometriose oder anderen Ursachen kann es zu Verwachsungen und Verklebungen der Eileiter kommen, sodass der Spermientransport zur Eizelle nicht mehr erfolgen kann.
Kontrastmittel-Ultraschalluntersuchung der Eileiter
Wie bei einer normalen gynäkologischen Ultraschalluntersuchung werden die Gebärmutter und die Eierstöcke dargestellt, wobei zusätzlich durch Einbringen eines Kontrastmittels in die Gebärmutter festgestellt werden kann, ob ein Verschluss der Eileiter vorliegt. Dieser Eingriff kann ohne Narkose durchgeführt werden.
Bauchspiegelung (Laparoskopie)
Bei dringendem Verdacht auf Verklebungen der Eileiter oder bei Verdacht auf Endometriose werden wir Ihnen die Durchführung einer Bauchspiegelung empfehlen. Dieser Eingriff erfordert eine Allgemeinnarkose und meist 1-2 Tage Aufenthalt in unserer Frauenklinik. Der Vorteil der Bauchspiegelung ist dabei, dass es hier möglich ist, alle Organe direkt zu betrachten und ggf. Probleme (z.B. Zysten, Verwachsungen, Endometriose) direkt zu beheben, zudem kann dieser Eingriff minimal-invasiv durchgeführt werden und durch eine Gebärmutterspiegelung ergänzt werden.
5. Genetische Untersuchungen
Unerfüllter Kinderwunsch sollte in bestimmtem Fällen zu einer genetischen Beratung und Untersuchung führen. Unserer Kinderwunschambulanz klärt Sie über die Indikationen für eine genetische Untersuchung auf und veranlasst diese entsprechend für Sie in enger Kooperation mit den Kollegen des Institutes für Humangenetik.
6. Gebärmutterspiegelung (Hysteroskopie)
Besteht nach ausführlicher Untersuchung der Verdacht auf angeborene Fehlbildungen der Gebärmutter (Uterus subseptus, bicornis) oder erworbener Veränderungen im Bereich von Muskelwand oder Schleimhaut der Gebärmutter (z.B. Myome, Polypen) können wir dies mittels endoskopischer Verfahren (Spiegelung der Gebärmutter: Hysteroskopie) für Sie weiter abklären und ggf. vor einer Kinderwunschbehandlung sanieren.
7. Bauchspiegelung (Laparoskopie)
Eine Bauchspiegelung (Laparoskopie) wird durchgeführt, wenn der Verdacht auf einen Verschluss der Eileiter, Endometriose, Verwachsungen oder große Myome besteht. Bei einer Bauchspiegelung werden über zwei bis drei kleine ca 1 cm große Einstiche Arbeitstrokare im Unterbauch platziert und eine Kamera in den Bauch eingeführt. Damit kann der gesamte Bauchraum inspiziert werden und nach z.B. Endometriose und einer Chlamydieninfektion gesucht werden. Wenn Verwachsungen vorliegen können diese gelöst werden.
Durch eine Spülung mit einer blaugefärbten Flüssigkeit kann die Durchgängigkeit der Eileiter intraoperativ überprüft werden.
Behandlung
1. Zyklusmonitoring
Wenn der Zyklus unregelmäßig ist, kann ein Zyklusmonitoring durchgeführt werden. Neben einer Ultraschalluntersuchung der Gebärmutterschleimhaut und des Eibläschens (Leitfollikel) werden gezielt ansteigende Hormonwerte der Hirnanhangsdrüse und des Eierstockes bestimmt. Der Tag des Eisprungs kann somit bestimmt werden und die Wahrscheinlichkeit für eine Schwangerschaft erhöht werden.
2. Hormonstimulation
Bei unregelmäßigen Zyklen oder einer Anovulation (es findet kein Eisprung statt) wird eine Hormonstimulation durchgeführt. Durch Tabletten (z.B. Clomifencitrat) oder Spritzen (FSH oder LH) wird das Wachstum der Eibläschen angeregt und unterstützt und mittels Blutabnahmen und Ultraschalluntersuchungen kontrolliert. Das Follikelwachstum wird mittels Ultraschall kontrolliert. Wenn die Eibläschen eine Größe von 17 – 22 mm erreicht haben, kann der Eisprung durch eine HCG-Spritze ausgelöst werden.
3. Insemination
Bei der intrauterinen Insemination (IUI) werden der Patientin aufgearbeitete und gut bewegliche Spermien ihres Partners zum optimalen Zeitpunkt im Zyklus mit einem dünnen Katheter in die Gebärmutter eingebracht. Dieser Eingriff findet ohne Narkose statt und ist nicht schmerzhaft.
Indikationen zur IUI:
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- Ausbleiben einer Schwangerschaft trotz Verkehr zum Optimum
- Pathologische Interaktion zwischen Sperma und Zervixschleim
- Geringgradige Veränderungen der Spermien hinsichtlich Anzahl, Beweglichkeit oder Form.
- Probleme der Spermien in die Gebärmutter einzudringen (Zervixstenose)
- Ungeklärte Unfruchtbarkeit.
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Durch die Insemination wird erreicht, dass die Spermien in einer besseren Qualität als in der Samenflüssigkeit (durch Konzentration und Aufbereitung in unserem andrologischen Labor) in die Gebärmutter und dort direkt neben die Eileitermündungen gelangen. Es werden optimale Bedingungen geschaffen, damit es zu einer natürlichen Befruchtung im Körper der Frau kommt.
Schwangerschaftschancen:
Nach Datenlage in der Literatur liegt die Schwangerschaftschance (je nach Indikation) zwischen 4 und 14%.
4. IVF/ICSI
In-vitro-Fertilisation (IVF):
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- Die IVF (In Vitro Fertilisation = Reagenzglasbefruchtung) kommt zur Anwendung, wenn die Frau einen beiderseitigen Eileiterverschluss hat. Aber auch die eingeschränkte Samenqualität des Partners, das Alter der Frau, der Leidensdruck des Paares und der Misserfolg anderer, vorheriger Behandlungen können zur Entscheidung führen, eine IVF anzustreben.
- Bei der IVF wird eine oder mehrere Eizellen außerhalb des Körpers mit den Spermien zusammengebracht, um nach erfolgter Befruchtung und Embryoentwicklung den Embryo direkt in die Gebärmutterhöhle zu übertragen.
- Verschiedene Medikamentenkombinationen können hierfür eingesetzt werden, diese werden Stimulations-Protokolle genannt.
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Intrazytoplasmatische Spermien-Injektion (ICSI):
ICSI wird durchgeführt, wenn z.B.:
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- eine geringe Anzahl von Spermien mit normaler Morphologie und Mobilität vorliegt.
- es Probleme beim Eindringen und Verschmelzen der Spermien mit der Eizelle gibt.
- wenn die klassische IVF erfolglos ist.
- wenn ein großer Teil der Spermien abnorm geformt oder unbeweglich ist
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Die Intrazytoplasmatische Spermien-Injektion (ICSI) ist eine Zusatzmaßnahme im Rahmen der IVF bei stark beeinträchtigter Samen-Qualität.
Die wesentlichen Schritte bis zur Eizellgewinnung sind identisch der IVF. Die Eizellen werden aber nicht, wie bei der IVF, mit Spermien inkubiert. Unter einem speziellen Mikroskop wird dann ein einzelnes Spermium in eine Injektionspipette aufgezogen und direkt in die Eizelle injiziert.
5. Kryokonservierung
Bei der Kryokonservierung werden befruchtete Eizellen im Vorkernstadium (oder auch unbefruchtete Eizellen, Spermien, Hodengewebe oder Eierstockgewebe) bei –196°C in flüssigem Stickstoff gelagert. Auf diesem Wege kann die Funktionsfähigkeit biologischer Zellen und Gewebe erhalten werden. Dieses Verfahren wird genutzt, wenn mehr befruchtete Eizellen im Vorkernstadium entstanden sind, als für den bevorstehenden Embryotransfer benötigt werden.
Ohne eine erneute Hormonbehandlung (Stimulation) und Follikelpunktion (Eizellentnahme) können diese Vorkernstadien für weitere Transfers genutzt werden und steigern so die Erfolgsaussichten der einzelner Behandlungszyklen deutlich. Die „Vitrifikation“ ist eine besondere Technik der Kryokonservierung, bei der die Absenkung der Temperatur nicht langsam, sondern besonders rapide verläuft, um die Bildung von Eiskristallen zu vermeiden.