Die Vorsorge nimmt nur ein relativ geringer Anteil der Menschen im betreffenden Alter in Anspruch. Dabei ist die Untersuchung wichtig und weitaus weniger unangenehm, als oft angenommen wird.
In Deutschland wird bei rund 60.000 Menschen im Jahr Darmkrebs diagnostiziert. Auch wenn in den vergangenen Jahren insgesamt die Zahl der Betroffenen zurückging, ist dieser noch immer weit verbreitet: bei Männern die zweithäufigste, bei Frauen die dritthäufigste Krebserkrankung. Meist sind ältere Menschen betroffen – das mittlere Erkrankungsalter liegt bei ungefähr 70 Jahren. Selten kann Darmkrebs auch in jungem Alter auftreten, in diesen Fällen liegt jedoch größtenteils eine familiäre Vorbelastung zugrunde.
Etwa 25.000 Menschen verlieren jährlich den Kampf gegen die Krankheit. Dabei könnten es weniger sein. Bereits 2002 wurde gesetzlich eine strukturierte Darmkrebsvorsorge beschlossen, durch welche die Kosten einer Darmspiegelung – auch Koloskopie genannt – von der Krankenkasse für Männer ab einem Alter von 50 Jahren sowie bei Frauen ab dem 55. Lebensjahr übernommen werden. Dennoch wird die Untersuchung häufig vernachlässigt. „Weniger als 20 Prozent der Bevölkerung nimmt diese Koloskopie in Anspruch“, berichtet Dr. Philip Grunert, Leiter der Interdisziplinären Endoskopie und Oberarzt in der Klinik für Innere Medizin IV des UKJ.
Dass nur ein relativ geringer Anteil der Menschen im betreffenden Alter das Angebot wahrnimmt, führt der Gastroenterologe vor allem auf zwei Gründe zurück. Zum einen sei die Darmspiegelung noch immer ein schambehaftetes Thema. Zum anderen würden viele die zuvor notwendigen Abführmaßnahmen fürchten. Dabei ist die Koloskopie dank der Entwicklung der Medizintechnik bei weitem nicht mehr so unangenehm, wie weithin angenommen wird. Für die im Vorfeld nötige Darmreinigung kommen neue Trinkspüllösungen zum Einsatz, durch die sich das benötigte Volumen verringert wird – es müssen nur noch rund zwei statt der früheren vier Liter zu sich genommen werden – und vor allem haben sich Geschmack und Verträglichkeit verbessert. Auf Wunsch kann für die Darmspiegelung außerdem das Injektionsnarkotikum Propofol verabreicht werden, wodurch der Patient während der endoskopischen Untersuchung schläft und von dieser nichts mitbekommt. Aufgeblasen wird der Darm zudem nicht mehr mit Raumluft, sondern mit CO2, das die Beschwerden nach der Untersuchung deutlich verringert. „Es ist auch keine Scham notwendig. Die Koloskopie ist für Ärzte eine rein professionelle und objektive Situation“, betont Dr. Drilon Haziri, stellvertretender Leiter der Interdisziplinären Endoskopie und Oberarzt in der Klinik für Innere Medizin IV, und will damit die falsche Scheu vor der Untersuchung nehmen.
Gleichzeitig verweist der Magen-Darm-Spezialist darauf, dass die Koloskopie die effektivste Methode der Vorsorge ist. Bei dieser werden Polypen, eine Auswucherung der Darmschleimhaut, bereits entfernt. Denn: Aus Polypen können sich langfristig Karzinome, bösartige Wucherungen, entwickeln. Darüber hinaus dient die Darmspiegelung der Früherkennung. Je eher der Krebs entdeckt wird, umso größer ist die Heilungschance. Im Frühstadium der Krankheit liegt diese bei 90 Prozent. Aber auch wenn sich der Krebs bereits im Körper ausgebreitet hat, ist längst nicht alles verloren. Wenn Tochtergeschwülste, sogenannte Metastasen, zum Beispiel in der Leber vollständig entfernt werden können, gibt es heute gute Überlebenschancen.
Alternativ zur Koloskopie kann als Vorsorge auch ein immunologischer Stuhltest (IFOBT) gemacht werden. Bei diesem wird im Labor ein Marker auf eine Stuhlprobe gegeben, durch den okkultes Blut – also Blut, das noch nicht im Stuhl gesehen wird – nachgewiesen werden kann. „Ist dieser Test positiv, dann sollte man auf jeden Fall eine Darmspiegelung machen“, sagt der Gastroenterologe. Aber: „Bei Vorläuferstufen von Krebs ist der Test nur bei 25 Prozent sensitiv, das heißt, nur ein Viertel der Adenome – eine gutartige Entartung der Darmschleimhaut - werden erkannt, der Rest nicht. Beim Karzinom ist das wiederum besser. Diese werden zu rund 90 Prozent mit dem Stuhltest festgestellt.“
Eine der Vorsorgemöglichkeiten sollte jedoch auf jeden Fall genutzt werden. Denn: „Das Problem bei Darmkrebs ist, dass er relativ lange symptomarm ist“, erklärt Dr. Drilon Haziri. So treten die ersten Anzeichen der Krankheit erst spät auf, sind unspezifisch und werden oftmals nicht mit dieser in Verbindung gebracht. Dazu gehören etwa der Wechsel von Durchfall und Verstopfungen, Bauchschmerzen und Schmerzen beim Stuhlgang. Blutiger Stuhl werde sich häufig mit Hämorrhoiden erklärt. „Da noch einmal die Bitte – wenn man so etwas hat, auch im jüngeren Alter, dann sollte man das nicht nur als Hämorrhoiden abtun, sondern zu einem Spezialisten gehen und mit einer Darmspiegelung abklären lassen“, unterstreicht der Gastroenterologe.
Neben den medizinischen Untersuchungen ist die beste Vorsorge gegen Darmkrebs übrigens ein gesunder Lebensstil. Dr. Philip Grunert gibt dazu einen einfachen Tipp: „Alles, was im Allgemeinen nicht gut ist, ist auch für den Darm nicht gut.“ So sind etwa Übergewicht, wenig körperliche Bewegung, Rauchen, eine ballaststoffarme Ernährung mit viel rotem Fleisch und regelmäßiger Konsum von Alkohol Risikofaktoren, die vermieden werden können.
Theresa Wahl