Techniken
intraoperatives Neuromonitoring (Nerven-Funktions-Überwachung)
Intraoperatives Neuromonitoring bedeutet die elektrophysische Überwachung wichtiger Funktionen des Nervensystems während des neurochirurgischen Eingriffs. Es hat zum Ziel, Beeinträchtigungen von Nervenstrukturen durch den Eingriff rechtzeitig zu erkennen wie auch funktionell wichtige Strukturen vor dem Eingriff zu lokalisieren. Je nach zu überwachender Struktur und Art des Eingriffs kommen verschiedene Verfahren, zum Teil simultan, zur Anwendung. Durch das intraoperative Monitoring erhält der Operateur eine kontinuierliche Rückmeldung über die Funktion des von ihm operierten Gebietes. Er kann so seine operative Strategie an den Befunden ausrichten, wodurch eine größtmögliche Schonung wichtiger Hirnstrukturen während des Eingriffs gewährleistet ist.
An der Klinik für Neurochirurgie Jena ist dies rund um die Uhr durch die eigene Elektrophysiologie möglich.
intraoperative Neuronavigation (computergestütztes Bildverfahren zur exakten Bestimmung des Operationsweges)
Die Neuronavigation ist eine computerunterstützte Technik in der Neurochirurgie, mittels der die Neurochirurgen Operationen planen und sich während der Operation besser orientieren. An der Klinik für Neurochirurgie Jena wird sowohl die zerebrale (Gehirn) als auch spinale (Wirbelsäule) intraoperative Neuronavigation angewandt. Dazu wird mit Hilfe von aufgeklebter Markierungen am Abend vor dem Eingriff ein Computertomogramm (CT) und/oder Magnetresonanztomogramm (MRT) sowie evt. weitere Bilder anderer Verfahren angefertigt.
Aus diesen dreidimensionalen Bilddatensätzen kann der Operateur vor der Operation die individuellen Strukturen genau studieren und den besten Zugang zu Tumoren, Gefäßmißbildungen oder zu funktionell gestörten Hirnarealen ausfindig machen. Es werden wichtige Hirnbereiche wie Sprach- Seh- und Bewegungszentren sicherer geschont, Hautschnitt und Schädelöffnung kleiner gehalten und unbeabsichtigte Verletzungen von Blutgefäßen vermieden.
Die Neuronavigation unterstützt den Chirurgen während des Operationseingriffs, indem es die Position der Instrumente im Inneren des Schädels anzeigt. Die Instrumente werden dazu mittels optischer Sensoren verfolgt und in die 3D-Bilder eingeblendet. Sämtliche Bilder aus intraoperativem Ultraschall, Computertomographie (CT) und Magnetresonanztomographie (MRT) können dazu überlagert und der Navigation zur Verfügung gestellt werden. Während des Eingriffs zeigt der Operationscomputer dem Chirurgen somit stets ohne zeitliche Verzögerung an, wo genau er sich im Operationsgebiet befindet. Durch gleichzeitige Darstellung von Zielpunkt und vorgeplantem Zugangsweg in das Operationsmikroskop hat er stets eine Kontrolle über den Fortgang der Operation.
Im Bedarfsfall kann an der Klinik für Neurochirurgie Jena auch während der Operation ein CT-Bild (ein sog. intraoperatives CT) angefertigt werden, um aktuelle Änderungen darzustellen. Dadurch wird eine bislang unerreichbare und nicht mehr verzichtbare Präzision in der Neurochirurgie erzielt.
Für die Neuronavigation an der Klinik für Neurochirurgie Jena wird ein Neuronavigations-Gerät der neuesten Generation verwendet (Medtronic StealthStation® TREON® plus 2005).
Magnetresonanztherapie (MRT)
Die Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT), früher auch als Kernspintomographie bezeichnet, hat als Schnittbildverfahren eine herausragende Bedeutung bei der Tumor- und Bandscheibenvorfall-Diagnose gewonnen. Besonders hervorzuheben ist die Möglichkeit, sehr kontrastreiche und überlagerungsfreie Bilder von Weichteilen zu erstellen. Die Besonderheit gegenüber dem CT besteht darin, dass Schnittbilder nicht nur horizontal sondern in jeder beliebigen Ebene des Raumes dargestellt werden können.
Insbesondere sind keine ionisierenden Strahlen wie z.B. Röntgenstrahlen notwendig. Statt dessen wird mit Magnetfeldern und Radiowellen gearbeitet. Im Körper vorhandene Wasserstoffatome werden für die Bilderzeugung genutzt: Die Kerne der Wasserstoffatome richten sich im Magnetfeld wie eine Kompassnadel aus. Durch Einbringen von Radiowellen nehmen sie Energie auf und werden abgelenkt, nach dem Abschalten der Radiowellen rotieren sie wieder in ihren ursprünglichen Zustand zurück und geben dabei Energie in Form von Resonanzwellen ab. Diese Signale werden von spulenförmigen Antennen aufgefangen und von leistungsstarken Computern zu Bildern umgerechnet.
Dabei entstehen Bilder mit hervorragender Kontrastauflösung und sehr guter räumlicher Auflösung. Sogar kleinste Veränderungen im Gewebe können abgebildet werden. In bestimmten Fällen kann dies durch vorherige Gabe von Kontrastmitteln verstärkt werden.
Insbesondere bei der Diagnostik von Erkrankungen des Gehirns und Rückenmarks sowie der Wirbelsäule und der umgebenden Weichteilstrukturen hat die Magnetresonanztomographie große diagnostische Vorteile. Das betrifft besonders die höhere Empfindlichkeit bei kleinen Störungen.
Computertomographie (CT)
Der Computertomograph ist ein rechnergestütztes Gerät, mit dem Querschnitt-Bilder des menschlichen Körpers mit Hilfe von Röntgenstrahlen aufgenommen werden. Bei einer CT-Aufnahme wird der Körper schichtweise durchstrahlt während das Röntgengerät um die Körperachse rotiert. Dadurch können, im Gegensatz zur konventionellen Röntgenaufnahme, überlagerungsfreie Querschnittsbilder gewonnen werden. In bestimmten Fällen werden zusätzlich Kontrastmittel verabreicht.
So kann entlang der gesamten Wirbelsäule CT-Aufnahmen gemacht werden um die exakte erkrankte Stelle zu lokalisieren. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass auch Weichteile mit hohem Kontrast dargestellt werden können. Deshalb eignet sich die Computertomographie auch zur Untersuchung des Gehirns.
Angiographie/Subtraktionsangiographie (DSA)
Die Angiographie (Gefäßdarstellung) ist eine neuro-radiologisches Verfahren zur bildhaften Darstellung von Gefäßen (Blutgefäße: Arterien und Venen) mittels Kontrastmittel. Es können damit z.B. Verengungen oder Aussackungen von Gefäßen zweifelsfrei erkannt werden. Mit diesem neuroradiologischen Verfahren können folgende Gefäße untersucht werden:
- Arterien (Arteriographie),
- Venen (Phlebographie) und
- Lymphgefäße (Lymphographie).
Bei der digitale Subtraktionsangiographie ( DSA ) wird dies mit Hilfe moderner Computertechnik durchgeführt.
Doppler-Sonographie (Ultraschall)
Die Doppler-Sonographie ist eine spezielle Ultraschall-Untersuchung, mit der man die Fließgeschwindigkeit des Blutes in den Gefäßen (Arterien und Venen) messen kann. Einengungen und Ablagerungen an den Gefäßwänden können damit erkannt werden.
Positronen-Emissions-Tomographie (PET)
Die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) verbessert die Diagnostik von Tumoren im Gehirn, wenn die Magnetresonanztomographie (MRT) die Ausdehnung des Tumors unter Umständen nicht sicher abgrenzen kann. Das gilt insbesondere für Kontrolluntersuchungen nach operativer Entfernung des Gehirntumors sowie die Unterscheidung zwischen Rezidivtumor und einer Bestrahlungsfolge.
An unserer Uniklinik wird das neueste Verfahren zur Diagnostik bei Hirntumoren eingesetzt: Beim Einsatz des neuen PET-Radiopharmakons 18F-Fluorethyltyrosin (18F-FET) unserer Abteilung für Nuklearmedizin wird der Aminosäure-Stoffwechsel der Gewebe gemessen, und da Tumoren einen etwa vierfach höheren Umsatz zeigen, lassen sie sich sehr sicher vom restlichen Gehirn abgrenzen.
Elektrophysiologie
Die Elektrophysiologie dient der Diagnostik von Erkrankungen des zentralen Nervensystems (Gehirn und Rückenmark) und des peripheren Nervensystems (Nerven und Muskel).
In unserer Klinik für Neurochirurgie Jena wird die Elektrophysiologie auch im Operationssaal während der Operation zur Überwachung (intraoperatives Monitoring) eingesetzt.
Das Elektroenzephalographie (EEG) dient zur Erfassung der Hirnfunktion. Bei der EEG-Untersuchung werden die Gehirnströme mit Oberflächenelektroden (Metallplättchen) von der Kopfhaut aufgezeichnet. Die Untersuchung ist ungefährlich und schmerzlos. Mit einem EEG können krankhafte Veränderungen der elektrischen Hirnaktivität aufgezeigt werden.
Mit der Nervenleitgeschwindigkeit (NLG) ist es möglich, genau festzustellen ob und wie ein Nerv beschädigt wurde. Dazu legt man dem Patienten an Nerven nahe der Hautoberfläche ein Kabel an. Man stimuliert nun den Nerv mit einem kleinen elektrischen Impuls. Über die Zeit, die von Signalgebung bis zur Antwort benötigt wird, und der Körpergröße kann man die Geschwindigkeit der elektrischen Nervenleitung ausrechnen. Die ermittelte Nervenleitgeschwindigkeit wird mit den Durchschnittswerten der Bevölkerung (Normwerte) verglichen. Oder man wiederholt die Untersuchung auf der anderen Körperseite und vergleicht die verletzte mit der unverletzten Seite zusätzlich mit den Normwerten. Man bekommt ein dadurch ein aussagekräftiges Ergebnis über die Art der Erkrankung bzw. Verletzung.
Evozierte Potentiale (EP) geben die Möglichkeit, verschiedene Sinnessysteme neurophysiologisch zu untersuchen, also ob und wie ein elektrischer Impuls oder ein anderer Sinnesreiz im Gehirn ankommt und verarbeitet wird. Dies wird über Elektroden an der Kopfhaut gemessen. Folgende Untersuchungen werden an der Klinik für Neurochirurgie Jena durchgeführt:
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Visuell evozierte Potentiale (VEP): Messung der Verarbeitung optischer Reize. Hierzu wird eine spezielle "Blitzbrille" aufgesetzt oder ein wechselndes Schachbrettmuster am Bildschirm betrachtet.
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Akustisch evozierte Potentialen (AEP): Messung der Verarbeitung akustischer Reize über einen Kopfhörer.
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Somato-sensibel evozierte Potentiale (SEP): Untersuchung der Gefühlsleitung (sensibles System) mittels eines leichten Stromimpulses.
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Motorisch evozierte Potentiale (MEP): Mittels magnetischer Stimulation wird das motorische Sytem, das die "freiwilligen" Bewegungen steuert, untersucht.
Bei der Elektromyographie (EMG) wird gemessen, wie ein körpereigener elektrischer Impuls im Muskel ankommt und dort verarbeitet wird. Mittels einer feinen, in den Muskel gestochen Nadel wird die eigene elektrische Aktivität der Muskelfasern hörbar bzw. sichtbar gemacht. Dadurch werden verschiedene Nerven- und Muskelerkrankungen und Verletzungen erkannt, z.B. ob ein Muskel von seinem Nerv überhaupt noch angesprochen wird, ein Nerv durchgetrennt oder überdehnt ist. Das EMG dient auch insbesondere zur Abklärung, ob ein Bandscheibenvorfall operiert werden muss.
Brain mapping - individuelle Lokalisation von Sprache und Bewegung im Gehirn im Operationsgebiet
Beim Brain mapping werden vor einer Gehirn-Operation funktionell wichtige Hirnareale identifiziert und lokalisiert.
Vordringlich ist dabei die Erkennung der Sprachregion und des motorischen Bereichs, da die räumliche Verteilung der Sprachregionen individuellen Schwankungen unterliegt und zudem durch raumforderndes Tumorwachstum verlagert wird. Unter elektrophysiologischer Stimulation kann am wachen Patienten intraoperativ die Sprachregion exakt lokalisiert werden.