Bei Schmerzen, die durch starke Muskelanspannung, beispielsweise bei Patienten mit Dystonie und Spastik, entstehen, ist die Wirksamkeit von Botulinumtoxin gut belegt. Sie wird hauptsächlich durch eine Normalisierung muskulärer Hyperaktivität und durch eine Normalisierung übermäßiger Muskelspindelaktivität erklärt. Darüber hinaus hemmt Botulinumtoxin aber auch die Freisetzung von Substanz P und anderen Neurotransmittern, die in der Entstehung von Schmerzen anderer Qualitäten möglicherweise eine bedeutende Rolle spielen. Der Einsatz von Botulinumtoxin beispielsweise bei Kopfschmerzen ist aber erst nach Ausschöpfung von Standardtherapieverfahren in spezialisierten Zentren begründet. Wir bieten im Rahmen einer klinischen Studie die Behandlung so genannter neuropathischer Schmerzen nach Operationen im Kopf-Hals-Bereich mit Botulinumtoxin an.
Klinisch sind neuropathische Schmerzen, d. h. chronische Schmerzen nach Läsionen des Nervensystems, vor allem durch dumpfe, brennende Spontanschmerzen und einschießende Schmerzattacken charakterisiert. Circa 20 Prozent aller Patienten, die eine schmerztherapeutische Spezialeinrichtung aufsuchen, leiden unter ungenügend therapierten neuropathischen Schmerzen. Studien belegen, dass etwa ein Fünftel aller Patienten die operiert wurden, lang anhaltend, zum Teil lebenslang unter Nervenschmerzen leiden. Dabei können diese Schmerzen nach einem "leichten" Eingriff genauso chronifizieren wie nach einem "schweren". Auch Phantomschmerzen zählen zu den neuropathischen Schmerzen. Weitere Ursachen neuropathischer Schmerzen sind Virusinfektionen (z. B. Gürtelrose), Nervendegeneration (z. B. Vitaminmangel bei Alkoholismus, Diabetes mellitus) und die Einnahme nervenschädigender, giftiger Substanzen (z. B. bestimmte Medikamente).