Wachstumsrestriktion und Präeklampsie
Die Plazenta bildet die direkte Grenzfläche zwischen maternalem Blut und fetalem Gewebe. Die Oberfläche der Plazenta wird von speziell ausgereiften Trophoblastzellen überzogen, die ein Syncytium bilden und als Syncytiotrophoblast bezeichnet werden. Dieser Syncytiotrophoblast unterliegt während der gesamten Schwangerschaft Umbauprozessen, während derer einerseits apoptotisches Zellmaterial von der syncytialen Oberfläche abgeschnürt und an die Mutter abgeben wird und andererseits der Syncytiotrophoblast von fusionierenden Cytotrophoblasten der darunter liegenden Schicht ständig erneuert wird. Das an die Mutter abgegebene apoptotische Material ist im mütterlichen Blut in Form von plazentaren Mikropartikeln nachweisbar und kann eine maternale Endothelstörung, wie sie bei der Präeklampsie vorliegt, verursachen.
Bei Schwangerschaften mit fetalen Wachstumsrestriktion zeigt sich eine unvollständige Umwandlung der maternalen Spiralarterien in widerstandsfreie, weite Gefäße. Eine geringere Invasivität und Interaktion von Trophoblastzellen mit dem Endothel der mütterlichen Gefäße wird als pathogenetischer Mechanismus angenommen. Die mangelnde Gefäßumwandlung führt zu einer Minderperfusion der Plazenta und damit nicht nur zur Minderversorgung des Feten und zur Wachstumsrestriktion, sondern möglicherweise auch zu Funktionsstörungen des Trophoblasten. Es kommt zu einer vermehrten Abschnürung von Mikropartikeln mit Endothel-aktivierendem Potential. Zusätzlich wird der endothelschützende plazentare Wachstumsfaktor PlGF nur in geringer Menge gebildet und an die Mutter abgegeben.
Es ist nicht geklärt, ob die Endothelaktivierung bei der Mutter den plazentaren Veränderungen möglicherweise vorrausgeht. Nachgewiesen ist, dass es bei Schwangeren mit Präeklampsie und Wachstumsrestriktion zu einer Erhöhung gefäßaktivierender und von von aktivierten Gefäßen sezernierten Faktoren im Blut kommt. Bekannt ist darüber hinaus, dass diese Frauen, lebenslang ein erhöhtes Risiko haben an kardiovaskulären Erkrankungen zu leiden und auch zu sterben (Melchiorre 2012, Lancet 2002).
Unklar ist, ob diese Langzeitfolgen aufgrund der Schwangerschaftskomplikation entstehen, oder ob die Schwangerschaftskomplikation Folge einer vorbestehenden maternalen Endothelstörung sind.
Die Fragestellung einiger Projekte in unserer Arbeitsgruppe ist es deshalb die molekularen Mechanismen der endothelialen Dysfunktion bei der Präeklampsie und die Frage nach der Bedeutung der maternalen Endothelfunktion für die Entstehung der Präeklampsie und der fetalen Wachstumsrestriktion zu untersuchen.