02.05.2018
Minimal-Invasive Chirurgie beim Zervixkarzinom auf dem Prüfstand
Klinischen Studie “Laparoscopic Approach to Cervical Cancer (LACC) trial"
Minimal-Invasive Chirurgie beim Zervixkarzinom auf dem Prüfstand
Auf der Jahrestagung der amerikanischen Fachgesellschaft Society for Gynecologic Oncologists SGO in New Orleans im März 2018 hat Prof. Pedro T. Ramirez, Professor für Gynäkologischen Onkologie an der University of Texas MD Anderson Cancer Center in Houston, überraschende Daten zur minimal-invasiven Chirurgie beim Gebärmutterhalskrebs präsentiert. In der klinischen Studie “Laparoscopic Approach to Cervical Cancer (LACC) trial” wurden Patientinnen mit frühem Zervixkarzinom aus 33 Zentren in zwölf Ländern - überwiegend Südamerika und Asien sowie Australien und Nordamerika - behandelt. Nach dem Zufallsprinzip (randomisiert) erhielt die Patientin entweder mittels Bauchspiegelung (Laparoskopie) oder robotisch-assistierte Bauchspiegelung eine so genannte radikale Hysterektomie (Gebärmutterentfernung) im Vergleich zu einer Bauchschnitt-Operation (Laparotomie). Geplant sollten 740 Patientinnen behandelt werden, die Studie wurde allerdings nach 631 aufgenommenen Patientinnen gestoppt, da es unerwünschte Ereignisse in der Gruppe der minimal-invasiven operierten Patienten gab. Insgesamt lief die Studie von 2008 bis 2017. Der primäre Endpunkt war krankheit-freies Überleben nach 4,5 Jahren (erreicht von ca. 39 Prozent der Patientinnen), was sich bei 86 Prozent der minimal-invasiven operierten Patientinnen und bei 96,5 Prozent der Laparotomie-Patientinnen ergab. Dieser Unterschied konnte die „Nicht-Unterlegenheit“ der minimal-invasiven Laparoskopie nicht beweisen.
Prof. Runnebaum, Leiter des gynäkologischen Krebszentrums und Direktor der Universitätsfrauenklinik Jena, hat gemeinsam mit dem leitenden Oberarzt Dr. Diebolder die Daten und Ergebnisse der LACC-Studie nun in einem persönlichen Treffen mit Professor Ramirez ausführlich besprochen. Ramirez kann sich die überraschenden Ergebnisse nicht erklären. Eine Reihe von Erklärungen kommen zur Diskussion. Unklar sei die Rolle von CO2 bei der Bauchspiegelung. Bei der offenen Chirurgie ist die Bauchhöhle der Luft ausgesetzt. Einen wesentlichen Kritikpunkt stellt klar, dass in der Studie Manipulatoren standardmäßig eingesetzt wurden. Das Organ Gebärmutter wird dadurch während der Operation häufig und schlagartig hin und her bewegt, um die grundsätzlich schwierige Operation zu vereinfachen. Tumorzellen könnten dadurch in den Bauchraum mobilisiert werden. Bei dieser Radikal-OP setzt Jena keine Manipulatoren ein. Als das Team um Prof. Runnebaum am Universitätsfrauenklinik diese Methode 2005/2006 entwickelte, wurde auf die Verwendung von Manipulatoren strikt verzichtet, auch wenn dies die Operation erschwerte und die Operationszeit möglicherweise verlängerte. Zudem war in der LACC-Studie ein entscheidender Unterschied zur Jenaer Methode: In den LACC-Zentren wurde standardmäßig vom Bauchraum aus die Scheide eröffnet, so dass Tumorzellen vom Muttermund in den Bauchraum gelangen konnten. In der seit 2006 vom Jenaer Team entwickelten und standardisierten Methode wird auch dieser kritische OP-Schritt strikt vermieden. Ramirez und Runnebaum vereinbarten, über eine Nachfolge-Studie in Verbindung zu bleiben. Einstweilen bleibt die vollständige Publikation der LACC-Daten abzuwarten.
Das gynäkologische Krebszentrum an der Universitätsfrauenklinik Jena gehört national und international zu den Vorreitern in der Entwicklung minimal-invasiver Techniken zur Behandlung von Krebserkrankungen. Die Jenaer Daten sollen daher nun ebenfalls ausgewertet werden, um die Sicherheit der Jenaer Technik zu überprüfen. Unsere Patientinnen, die zu einer radikalen Hysterektomie anstehen, werden wir über den Stand der Wissenschaft informieren und mit ihnen gemeinsam den operativen Zugang festlegen.