Nationalsozialistische Hochschule im „Mustergau“ Thüringen
Die NSDAP fand in Thüringen idealen politischen Nährboden und fasste auch an der Universität Jena Fuß. Es entstand die Idee einer nationalsozialistischen Musteruniversität, an deren Spitze 1939 der NS-Ideologie und Rasse-Theoretiker Karl Astel trat, seit 1934 Professor an der Medizinischen Fakultät. Die Universität stellte sich ganz in den Dienst der Kriegswirtschaft. Die Alma Mater Jenensis gehörte zu den fünf Universitäten im „Reich“, die nach Kriegsbeginn ihre Lehre und Forschung fortsetzten und ihren Betrieb bis Kriegsende aufrechterhielten. Die Entwicklung verlief ähnlich wie an anderen Fakultäten: Jüdische Hochschullehrer und Assistenzärzte wurden entlassen, jüdische Studenten vertrieben. Mediziner engagierten sich in der Nationalsozialistischen Studenten- und Dozentenschaft. In Verhalten und Äußerungen von Fakultätsangehörigen gegenüber ihren jüdischen Mitbürgern spiegelte sich die rassisch begründete NS-Ideologie vielfach wider. Belegt ist aber auch, dass sich z.B. der Gerichtsmediziner Ernst Giese und der Chirurg Nikolai Guleke Freiräume nutzten und sich zu Juden, namentlich jüdischen Patienten, bekannten. Im Krieg litt die Lehre unter dem Ansturm der Studierenden auf die wenigen verbliebenen Universitäten, dem Mangel an Lehrpersonal und dem Ziel einer schnelleren Ärzteausbildung. Die medizinische Versorgung an den Jenaer Universitätskliniken war während des 2. Weltkrieges teilweise ernsthaft in Frage gestellt. Es fehlte an Material und Pflegepersonal, vor allem aber an Ärzten, die zur Wehrmacht einberufen waren.