Schutz für Mütter & Neugeborene

Geburtshilfe wird Fachdisziplin der Medizin

Eduard Arnold Martin (1809-1875)

Der 1809 in Heidelberg geborene Eduard Arnold Martin wuchs in Jena auf und studierte in Jena, Heidelberg und Göttingen. 1833 wurde er zum Doktor der Medizin promoviert und 1838 zum Unterdirektor der Entbindungsanstalt ernannt. Diese leitete er von 1846 bis 1858 als Direktor. Mit privaten Mitteln gründete er eine geburtshilfliche Poliklinik, die bis zum 1. Weltkrieg bestand. Er führte die Chloroform-Narkose zur Schmerzstillung unter der Geburt ein und publizierte als einer der ersten über systematische Beckenmessungen und das Missverhältnis zwischen kindlichem Kopf und mütterlichem Becken. Martin erkannte, dass das Sauberhalten von Krankenzimmern und Betten wichtige Maßnahmen im Kampf gegen das Kindbettfieber waren. Während Loder (ANKER ZU 04) noch Professor für Anatomie, Chirurgie und Geburtshilfe war, erfolgte dann die Trennung der Fächer: Martin war ausschließlich für die Geburtshilfe zuständig.

Aus dem „Lehrbuch der Geburtshülfe für Hebammen“ von Eduard Martin, 1867

Bernhard Sigismund Schultze (1827-1919)

Bernhard Sigismund Schultze (1827-1919) studierte Medizin in Greifswald und Berlin. Hier legte er zusätzlich das Examen als Geburtshelfer ab – das damals noch nicht
verpflichtend zur Ausbildung eines Mediziners gehörte. 1858 wurde er zum Leiter der Entbindungsanstalt und Hebammenschule in Jena berufen und somit Nachfolger von Eduard Arnold Martin. Bis zu seiner Emeritierung 1903 – insgesamt 45 Jahre lang – übte er dieses Amt aus.

Förderer der Hebammen

Neben der klinischen Arbeit, Forschung und Lehre widmete sich Schultze besonders der Hebammenausbildung. Das von ihm verfasste „Lehrbuch der Hebammenkunst“ von 1860 erlebte 16 Auflagen und wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt. Er entwickelte ein Phantom für die Ausbildung, das weltweit Verbreitung fand und bis heute zum Einsatz kommt. Schultzes Bemühungen, lebensschwache Neugeborene am Leben zu halten, waren Ausdruck seiner humanistischen Haltung. Durch Hygienemaßnahmen wie die gründliche Desinfektion der Hände bekämpfte er das Kindbettfieber und senkte die Müttersterblichkeit
in seiner Klinik. Nach seiner Emeritierung wurde der gebürtige Greifswalder zum Ehrenbürger der Stadt Jena ernannt. Der Großherzog von Sachsen-Weimar erteilte ihm und seinen Nachkommen das Recht, „Jena“ als Namenszusatz zu tragen.

Klinikneubau in der Bachstraße

Von 1904 bis 1906 entstand ein neues Klinikgebäude in der Bachstraße, da die Coudray-Klinik den neuen medizinischen Anforderungen und auch der steigenden Zahl an Patientinnen nicht mehr gerecht wurde. Mehr als 200 Entbindungen wurden zu dieser Zeit pro Jahr gezählt. In den 1990er-Jahren wurde die Klinik in der Bachstraße grundlegend saniert und um einen Anbau erweitert, in dem die Kreißsäle und Operationsräume untergebracht wurden. 2016 zog die Abteilung Geburtshilfe in den neuen Klinikkomplex in Jena-Lobeda um, 2017 folgte die Abteilung Gynäkologie.