Chronische Rückenschmerzen betreffen weltweit mehr als eine halbe Milliarde Menschen und sind damit eine der Hauptursachen für Alltagsbeeinträchtigungen und eine verminderte Lebensqualität. Die dagegen oft eingesetzten nichtsteroidalen Entzündungshemmer haben ernsthafte Risiken für Herz, Kreislauf, Niere und Magen-Darm-Trakt. Opioide sind oft nicht langfristig wirksam, verursachen Verstopfung können zu einer Abhängigkeit führen.
Erstautor Mathias Karst aus der Medizinischen Hochschule Hannover und seine Kollegen bewerteten die Sicherheit und Wirksamkeit eines Vollspektrum-Extraktes der Cannabis-Sativa-Pflanze in einer placebo-kontrollierten Phase-3-Studie. Dazu wurden 820 Erwachsene mit chronischen Rückenschmerzen eingeschlossen, bei denen zuvor Schmerzmittel erfolglos eingesetzt worden waren. Die mit dem Extrakt behandelten Personen berichteten nach zwölfwöchiger Behandlung eine Verringerung um 1,9 Punkte auf einer Schmerzskala von 0 bis 10 Punkten – dies war ein Unterschied zur Placebogruppe von 0,6 Punkten. In einer sechsmonatigen Nachbeobachtung sank die Schmerzintensität um weitere 1,1 Punkte. Betroffene mit einer neuropathischen Schmerzkomponente, die oft schwer zu behandeln ist, profitierten noch etwas stärker. Es wurden keine Anzeichen für eine Dosiserhöhung beobachtet. Ein Teil der Studienteilnehmer konnte darüber hinaus an einer verblindeten Absetzphase teilnehmen, dabei zeigten sich keine Hinweise auf Abhängigkeit oder Entzugserscheinungen.
Nebenwirkungen traten in der Interventionsgruppe vor allem in der Anfangsphase auf, am häufigsten wurden kurzfristige Schwindelgefühle, Schläfrigkeit und Übelkeit berichtet.
Prof. Dr. Winfried Meißner, einer der Coautoren und Leiter der Sektion Schmerztherapie am Universitätsklinikum Jena, weist auf bisher schlechte Studienlage hin: „Daher ist es zu begrüßen, dass nun endlich auch für Medizinal-Cannabis methodisch gute Untersuchungen durchgeführt werden, wie dies für alle anderen Pharmaka immer schon selbstverständlich ist.“ Er betont jedoch, dass die meisten Rückenschmerzen zunächst nicht-medikamentös behandelt werden sollten. Werden Schmerzmittel dennoch notwendig, sollten sie nicht als Monotherapie, sondern im Rahmen eines multimodalen Therapiekonzeptes eingesetzt werden.
Originalpublikation:
Karst M, Meissner W, et. al. Full-spectrum extract from Cannabis sativa DKJ127 for chronic low back pain: a phase 3 randomized placebo-controlled trial. Nat Med (2025) https://www.nature.com/articles/s41591-025-03977-0
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