Jena (UKJ/me). Mit 52 Zentimetern und 3205 Gramm, so kam Eddy Joachim Schmidt gesund und spontan am 20. Januar 2025 auf die Welt. Für die Zweifach-Mama Nancy Schmidt keine Selbstverständlichkeit, war es doch ihre zweite Schwangerschaft mit Diabetes-Typ-2. Damit ihr Diabetes vor, während und nach der Schwangerschaft im Griff war, wurde sie von der Klinik für Innere Medizin III, Funktionsbereich Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechselerkrankungen (Direktor: Prof. Dr. Gunter Wolf, MHBA) gemeinsam mit dem Kompetenzzentrum Diabetes und Schwangerschaft der Klinik für Geburtsmedizin (Direktor: Prof. Dr. Ekkehard Schleußner) des Universitätsklinikums Jena (UKJ) engmaschig begleitet. Diese interdisziplinäre Zusammenarbeit wurde nun mit der Zertifizierung „Diabetes & Schwangerschaft“ durch die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) einmal mehr ausgezeichnet. Insgesamt gibt es aktuell in Deutschland nur acht Zentren mit dieser Zusatzkompetenz, in Mitteldeutschland ist das Thüringer Universitätsklinikum die einzige Anlaufstelle.
„Wir sind stolz auf die Zertifizierung und dass wir gemeinsam unsere Patientinnen wie Nancy Schmidt vollumfänglich begleiten können“, erklärt PD Dr. Friederike Weschenfelder, Leitende Oberärztin der Klinik für Geburtsmedizin am UKJ. Jährlich sind das ca. 30 Patientinnen mit Diabetes Typ-1 und 2 und 180 Patientinnen mit einem Schwangerschaftsdiabetes, auch Gestationsdiabetes genannt. Dafür arbeiten Ärztinnen und Ärzte, Diabetesberaterinnen und –berater, Hebammen, Pflegekräfte, Psychologinnen und Psychologen sowie Mitarbeitende des Sozialdienstes Hand in Hand zusammen.
Immer mittwochs werden Patientinnen mit Diabetes Typ-1 und Typ-2 sowie Schwangerschaftsdiabetes in der Diabetes-Sprechstunde der Jenaer Geburtsmedizin untersucht. Parallel dazu schauen die Kolleginnen und Kollegen der Diabetesambulanz der Klinik für Innere Medizin III, dass der Blutzucker möglichst optimal für die Schwangerschaft eingestellt ist. Nancy Schmidt wird bereits seit 2017 am UKJ betreut und begleitet. Sie trägt einen Glukosesensor am Arm, der ihren Blutzucker ständig misst. Ein großer Vorteil insbesondere in der Schwangerschaft, so Dr. Sebastian Schmidt, Oberarzt des Funktionsbereiches Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechselerkrankungen der Klinik für Innere Medizin III. „Unsere Patientin bekommt ihre Glukosewerte regelmäßig auf ihr Handy gesendet, sodass wir durch diese kontinuierliche Messung sehr gut überwachen und steuern können.“ In der Schwangerschaft war bei ihr eine intensivierte Insulintherapie erforderlich, um den Langzeitblutzuckerwert (HbA1c) unter 6,5 Prozent einzustellen. Auch Diabetesschulungen, Ernährungs- und Bewegungsberatungen werden im Zentrum für sie angeboten. So wurde Nancy Schmidt vor allem während der Schwangerschaft alle zwei bis vier Wochen im Klinikum durchgecheckt.
Bedeutend sei hier auch die Therapietreue der Frauen mit Diabetes. „Es ist äußerst wichtig für Mutter und Kind, dass sich die Frauen auch an die Therapie halten.“ Bei Nancy Schmidt habe das sehr gut funktioniert, ergänzt Sebastian Schmidt.
Das Wohl von Mutter und Kind stets im Blick
Den Rundumblick für das Kind im Mutterleib hat das Kompetenzzentrum für Diabetes und Schwangerschaft am UKJ. „Nicht nur der Blutzucker, sondern auch der Blutdruck und die Nierenfunktion werden bei uns kontrolliert. Wir beraten gemeinsam unsere Patientinnen schon ab Kinderwunsch“, sagt Friederike Weschenfelder. Neben den Patientinnen mit Diabetes-Typ-2 kümmert sich das Kompetenzzentrum auch um Patientinnen mit Schwangerschaftsdiabetes. Hier gibt es Unterschiede. „Im Gegensatz zum Diabetes Typ-1 und 2 tritt ein Schwangerschaftsdiabetes erst während der Schwangerschaft auf und verschwindet in der Regel danach auch wieder. Es kann sich aber auch längerfristig ein Typ-2-Diabetes entwickeln“, erklärt die Geburtsmedizinerin. Insbesondere bei vorbestehendem Diabetes besteht ein höheres Risiko für Fehlbildungen, jedoch bei allen Formen des Diabetes in der Schwangerschaft das Risiko für zu große Kinder und auch weitere Komplikationen. Hier besteht ein direkter Zusammenhang zwischen dem jeweiligen Risiko und der Blutzuckereinstellung.
Nancy Schmidt fühlte sich jederzeit sehr gut am UKJ aufgehoben: „Ich danke dem gesamten Team und bin froh, dass ich so engmaschig begleitet wurde. Wir haben uns dadurch sicher gefühlt, in der ersten Schwangerschaft war ich noch ängstlicher.“ Und auch das Wohl des Kindes hatten die Teams jederzeit im Blick. Nach der Geburt gab es für den kleinen Eddy beispielsweise nach dem ersten Stillen im Kreißsaal noch ein Dextrosegel. „Wir haben den Blutzucker prophylaktisch hochgehalten. Denn für das Kind besteht das Risiko einer Unterzuckerung nach der Geburt“, erklärt Friederike Weschenfelder.
Ein großes Plus eines zertifizierten Zentrums sei auch, dass Begleiterkrankungen immer mit behandelt und begleitet werden. Sebastian Schmidt: „Unsere Patientin leidet zusätzlich an einem Polyzystischen Ovarsyndrom (PCOS), die häufigste Hormonstörung bei Frauen im gebärfähigen Alter, die bei ihr für eine Insulinresistenz gesorgt hat und auch an Adipositas.“ Nach der Geburt konnte die Insulintherapie wieder beendet und erneut auf Metformin in Tablettenform als Diabetestherapie und Therapie für das PCOS umgestellt werden. „Über kritische Fälle tauschen wir uns meist direkt aus und treffen uns alle zwei Monate routinemäßig zu einer gemeinsamen Fallbesprechung mit den Teams aus beiden Fachdisziplinen“, sagt der Diabetes-Experte.
Die 36-Jährige Patientin wird weiterhin in Jena bestens mit ihrem Diabetes begleitet und sicherlich dann auch hin und wieder einen jungen Besucher zur Sprechstunde mitbringen.
Kontakt:
PD Dr. Friederike Weschenfelder
Leitende Oberärztin
Klinik für Geburtsmedizin
Am Klinikum 1
07747 Jena
Dr. Sebastian Schmidt
Oberarzt Funktionsbereich Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechselerkrankungen
Klinik für Innere Medizin III
Am Klinikum 1
07747 Jena