Jena (UKJ/ac). Zu seinem 20. Geburtstag hat sich Eduard seinen größten Wunsch erfüllt: endlich den Ort kennen lernen, an dem er die ersten drei Monate seines Lebens verbrachte – die Neonatologie am Universitätsklinikum Jena (UKJ). Mit 540 Gramm kam er in der 24. Schwangerschaftswoche zur Welt. Von Beginn an wurde er daher auf der Frühgeborenen-Intensivstation der Jenaer Kinderklinik betreut – damals noch in der Westbahnhofstraße, aber auch zu jener Zeit bereits Perinatalzentrum der höchsten Versorgungsstufe.
Vor Ort begrüßten ihn nicht nur Prof. Dr. Hans Proquitté, Leiter der Neonatologie, herzlich, sondern unter anderem auch zwei Mitarbeitende, die bereits zu Eduards Geburt auf der Station gearbeitet haben: Kinderkrankenschwester Annette Wabnitz und Dr. Claus Doerfel, der exakt vor 20 Jahren seine Assistenzarztzeit am Jenaer Uniklinikum begann und heute stellvertretender Leiter der Sektion Neonatologie ist. Das langersehnte Treffen war für Eduard bereits das schönste Geschenk. Doch das Team hatte noch eine Überraschung für ihn vorbereitet: Neben einem Blumenstrauß schenkten sie ihm eine Übernachtung in Jena, damit er seinen Geburtsort gemeinsam mit seinen Eltern noch besser kennenlernen kann.
Nur etwa drei bis fünf der rund 200 Frühgeborenen, die das Team der UKJ-Neonatologie pro Jahr betreut, haben ein Geburtsgewicht unter 600 Gramm wie Eduard. So selten extrem kleine Frühgeborene generell sind, so außergewöhnlich ist auch ein Besuch nach einem Zeitraum von 20 Jahren. „Viele Familien halten uns über die Entwicklung ihrer Kinder auf dem Laufenden – durch Karten zur Einschulung oder gelegentliche Besuche. Doch ein Wiedersehen nach 20 Jahren habe ich noch nie erlebt“, sagt Hans Proquitté. „Wir freuen uns, dass sich Eduard körperlich und mental so gut entwickelt hat. Für uns als Team ist ein solcher Besuch wirklich wichtig. Denn es zeigt, wofür wir Tag für Tag unser Bestes geben: damit jedes Kind eigenständig werden kann – ganz unabhängig vom Geburtsgewicht.“
Denn eine solche Entwicklung ist bei Frühgeborenen keineswegs selbstverständlich: Viele leiden nach der Geburt an schweren Gesundheitsproblemen wie Atem- oder Kreislaufstörungen und einem erhöhten Infektionsrisiko. Auch Eduard hatte es zu Beginn nicht leicht: Er wurde im Inkubator beatmet, hat viel gekrampft und musste zweimal reanimiert werden. Doch wie ein Tiger, wie ihn seine Mutter nennt, kämpfte er sich ins Leben. Trotz ADHS, das bei Frühgeborenen häufiger auftritt, verfolgt er seine Ziele mit Entschlossenheit: Er dankt den Menschen von Herzen, die ihm den Start ins Leben ermöglicht haben und hat mit Unterstützung der Lebenshilfe sein Hobby „Computer“ zum Beruf gemacht. Und er hat nun den nächsten Wunsch auf seiner Liste fest im Blick: endlich den Führerschein machen.