Vorhabennummer: 2022 FGI 0011
Forschungsprojekt: Translationale Entwicklung von Radio-Diagnostika zur Anwendung in der molekularen Bildgebung im Rahmen personalisierter Medizin
Molekulare Bildgebung dient der Früherkennung, Differenzialdiagnostik, Verlaufs- und Therapiekontrolle einer Vielzahl von Krankheiten. Hierbei besitzen vor allem die nuklearmedizinischen Verfahren großes Potenzial, durch spezifisches Targeting molekularer Strukturen flexibel auf diagnostische Fragestellungen im Sinne personalisierter Medizin zu reagieren. Mittels der nuklearmedizinischen Bildgebungs-Technologien (SPECT und PET/CT) können Zellstrukturen und Stoffwechselvorgänge nicht-invasiv und quantitativ abgebildet werden. Voraussetzung hierfür ist die Verabreichung geringster Mengen (nano- bis picomol-Bereich) eines jeweiligen, spezifischen Radio-Diagnostikums. In vielen Fällen lassen sich die diagnostischen Verfahren eng mit therapeutischen Ansätzen verbinden („Theranostik“), beispielsweise auf Basis gezielter Radionuklidtherapien, sodass die notwendige Prä-Diagnostik zur Behandlung akuter, altersbedingter und chronischer Erkrankungen mit einer entsprechenden Therapie verbunden werden kann.
Die Erforschung, Entwicklung und Etablierung neuartiger, innovativer Radio-Diagnostika und Radio-Therapeutika stellt einen Grundpfeiler nuklearmedizinischen Fortschritts dar. Durch einen von der Thüringer Aufbaubank geförderten modernen Radio-Synthesizer wurde eine zentrale Schnittstelle innerhalb einer vielseitigen Infrastruktur zwischen dem UKJ und anderen Thüringer Forschungseinrichtungen und Industriepartnern geschaffen. Auf dem Radio-Synthesizer werden in Zukunft innovative, hochspezifische Radio-Diagnostika und Radio-Therapeutika entwickelt.
Geplante Forschungsprojekte:
Theranostikum für dreifach-negativen Brustkrebs (TNBC): Dreifach negativer Brustkrebs (TNBC) ist eine besonders aggressive Form des Mammakarzinoms mit hohen Metastasierungsraten und schlechter Prognose für die Patientinnen, welche ca. 15 % aller von Brustkrebs Betroffenen ausmachen. Etablierte rezeptorgerichtete Therapieformen (“Targeted Therapies”) können bei diesen Patientinnen aufgrund der Rezeptor-Negativität nicht angewandt werden.
Um diesen unmet medical need zu schließen, soll auf Basis von Fructose-Transporter-Targeting eine TNBC-spezifische, nanostrukturierte Trägersubstanz entwickelt werden, die einerseits eine therapeutisch aktive Substanz (z. B. siRNA) in die Tumorzellen verbringen kann, und welche sich andererseits gleichzeitig als PET/CT-Radio-Diagnostikum einsetzen lässt. Dieses Diagnostikum und sein korrespondierender therapeutischer Prototyp, welche aktuell in Zusammenarbeit zwischen dem UKJ, der Universität Jena und einem außeruniversitären Industriepartner entwickelt werden, könnten sowohl für die prätherapeutische Diagnostik als auch die Therapie-Verlaufskontrolle („Staging“) eingesetzt werden.
Hepatobiliäre Funktionsbestimmung mit leberspezifischen Radiodiagnostika: Bei der Entfernung großer Anteile tumorbefallener Leber (sog. Leber-Resektion) kann es zu einem postoperativen Leberversagen kommen, wenn die verbleibende Leberfunktion zu gering ist. Ein zu lösendes Problem besteht mithin in der exakten Vorhersage der Funktion nach dem chirurgischen Eingriff. Die bisher verfügbaren bildgebenden Verfahren erlauben nur eine sehr unvollkommene präoperative Messung der Leberfunktion, insbesondere hinsichtlich der Zuordnung zu einzelnen Lebersegmenten. Durch die Entwicklung leberspezifischer PET/CT-Diagnostika ließe sich die hepatobiliäre Funktion der Leber räumlich und zeitlich hochaufgelöst quantifizieren, wodurch sich geplante Leber-Resektionen mit besserer Prognose des postoperativen Ergebnisses durchführen ließen.
Im Rahmen enger Vernetzungen mit Partnern aus der Hepatologie, dem AVC sowie der Radiologie kann diese neuartige Methode der Leberfunktionsbestimmung mit PET/CT einen Beitrag zur Ermittlung der Perfusions-Funktions-Beziehung leisten und somit interdisziplinäre Projekte („QuaLiPerF“, FOR 5151, www.qualiperf.de) und etablierte therapeutische Verfahren (Split-Lebertransplantationen, Liver-t(W)o-heal-Studie, 5285-10/17) ergänzen.
Radiometallbasierte Diagnostika auf Basis neuartiger Chelatoren: Im Rahmen einer engen Kooperation zwischen der Klinik für Nuklearmedizin und der chemischen Fakultät besteht eine effektive translationale Verbindung von chemischer Grundlagenforschung und Synthese von spezifischen Precursoren einerseits und der unmittelbaren präklinischen und sogar klinischen Anwendung der daraus gebildeten Radio-Diagnostika andererseits. Der Fokus der Forschung liegt hier auf der Entwicklung neuer, effektiver Chelatoren für Radiometalle auf Basis von makrozyklischen Aminophenolaten. Durch gezielte chemische Modifikation der Chelatoren lassen sich pharmakokinetische Parameter und Exkretionsprofile gezielt beeinflussen und verschiedene Organstrukturen ansprechen. Diese Forschungsarbeit wird maßgeblich durch das Interdisziplinäre Zentrum für Klinische Forschung (IZKF) gefördert.
Bildgebende Kleintierdiagnostik mit inflammatorischen und onkologischen Fragestellungen:
In Kooperation mit Forschern des CeTraMed (Centrum für Translationale Medizin) plant die Nuklearmedizin die Bestimmung des Ausmaßes der Entzündung nach Therapie mit intelligenten Nanopartikeln in inflammatorischen Modellen der Maus (z.B. Modell für Colitis Ulcerosa, Wundheilung). Weiterhin ist geplant, in orthotopen pankreatischen Tumormodellen der Maus die Auswirkung einer kombinierten Nanochemothermotherapie auf die Tumorhypoxie mittels ¹⁸F-FMISO zu untersuchen. Weiterhin soll anhand eines innovativen präklinischen Modells auf Basis von Embryonen großer Laufvögel (sog. in-ovo-Modell) eine Reihe von eigens entwickelten, polymer-basierten Radio-Diagnostika, u. a. für die Darstellung von Brustkrebs und Entzündungsgewebe, evaluiert werden.